Stefan Raab, die „Killerplautze“, inszeniert sich bei seinem Comeback in aller Seelenruhe. Dass er gegen Regina Halmich verliert, ist kein Beinbruch. Raab hat jetzt sowieso Anderes im Sinn.

Mit der vermutlich größten Showtreppe, die es im deutschen Fernsehen je gab, meldet sich Stefan Raab tatsächlich zurück im TV-Zirkus. Bis dieser Moment kam und Raab besagte Treppe in Düsseldorf herunterlief, alle paar Meter ein Feuerwerk abfeuerte und sich feiern ließ, als sei er der ersehnte Messias, gingen aber gute zwei Stunden ins Land. In denen setzten Laura Wontorra, Elton und Frank Buschmann dem Moderator, der fast zehn Jahre aus der Öffentlichkeit verschwunden war, ein Denkmal. Sie erinnerten daran, was er in seiner langen Karriere alles so geleistet hatte.

Stefan Raab und Farbfernsehen für junge Menschen

Raab sei, so Buschmann, eine Person die alle unterhält. „Wie reagiert die Jugend, diese wichtige Zielgruppe fürs Farbfernsehen?“, fragte Buschmann begeistert in die Menge und setzte an zu einer Rede darüber, dass es mehr Spaß und Mut im Fernsehen brauche. 

Abgesehen von der Tatsache, dass das Wort Farbfernsehen sehr sicher nur von Menschen jenseits der 50 verwendet wird und deswegen per se bei der jungen Zielgruppe nicht so gut ankommt, stellt sich die Frage: Wollen junge Leute wirklich älteren Menschen dabei zusehen, wie sie versuchen, massenkompatibles Fernsehen zu machen? Ist TV bei der Zielgruppe überhaupt noch ein relevantes Medium?  

Es ist unbestritten, dass Stefan Raab Entertainment kann, sicherlich auch über Altersgrenzen hinweg. Es war schon immer klar: Der Moderator und Sänger nimmt jeden aufs Korn, alle kriegen ihr Fett weg. Übergriffiges Verhalten, wie es andere Moderatoren immer wieder zeigten, war bei Raab nie ein Thema, was schon mal hoffen lässt. Aber es bleibt die Frage: Kann sich Raab in einer Welt, die sich weiterentwickelt, in der Diversität eine größere Rolle einnimmt, weiter behaupten? Schafft er es, die jüngere Zielgruppe ernst zu nehmen und zu unterhalten? Die Entscheidung, ab kommenden Mittwoch seine 90-minütige Sendung „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ bei RTL+ streamen, statt linear zu senden, ist auf jeden Fall ein erster Schritt in diese Richtung.

Stefan Raab Comeback

Stefan Raab: „Ich hab mir überlegt, ich mach wieder Shows“

Bevor Raab diese (erwartbare) Neuigkeit mit den Worten „Ich hab mir überlegt, ich mach‘ wieder Shows“ verkünden konnte, musste er erstmal sechs Boxrunden à je zwei Minuten über sich ergehen lassen. Und „ergehen lassen“ ist in der Tat der richtige Ausdruck, denn natürlich setzte sich Regina Halmich deutlich durch. Mehrmals taumelte Raab. „Boxerisch ist das nicht sein Abend“, kommentierte Frank Buschmann, „der pumpt schon, der schnauft schon und es ist noch nicht mal eine Minute rum“. Wenig überraschend, nicht nur, weil Boxen noch nie Raabs Sportart war, sondern weil er mit 57 Jahren auch nicht mehr im perfekten Boxalter ist.

Stefan Raab, die „Killerplautze“, hat hart trainiert

Was aber überraschte: Der Moderator war besser in Form als je zuvor. Die „Killerplautze“, wie er immer wieder in Medien beschrieben wurde, hat offenbar hart trainiert, ein Sixpack war erkennbar. Der Fatsuit, den er in seinen Video vor dem Kampf und auch auf der Showtreppe trug, war nur Tarnung. Darunter verbarg sich ein fitter Raab, der, wenn er die Muskeln anspannte, durchaus an das Logo eines Badreinigers erinnerte. Beim zweiten Hinsehen war da schon auch noch Luft nach oben. Aber am Ende des Kampfes mussten alle anerkennen: Der Entertainer hat sich gut geschlagen.

Raab wurde von Ringrichterin Karoline Pütz angezählt, taumelte und fand doch in den Kampf zurück, von dessen Beginn die wenigsten dachten, dass Raab die vollen sechs Runden überstehen würde. Selbst Regina Halmich, die ein blaues Auge kassierte, wirkte überrascht, dass ihr Gegner nicht zu Boden ging.

Regina Halmich Interview 8.30

Und dann gab es noch ein „Pa aufs Maul“

Für Halmich waren sowohl die Tage vor dem Kampf als auch die Zeit im Ring bis zum Eintreffen Raabs wohl eine nervliche Zerreißprobe. Im Vorfeld hatte der Entertainer jeden Kontakt vermieden, noch während der Liveshow dachten die Moderatorinnen und Moderatoren laut darüber nach, ob er überhaupt erscheinen würde. Als Halmich dann zu Doro Peschs „Time for Justice“ in den Ring stieg, war nicht absehbar, dass sie noch knapp 30 Minuten warten würde müssen, bis der Kampf endlich begann. Denn nachdem Raab seine Showtreppe hinabgestiegen war, flog Pamela Reif als Engel verkleidet durch die Halle. Anschließend gab der Entertainer selbst seinen neuen Hit „Pa aufs Maul“ zum Besten. Unterstützung bekam er dabei von Sido und Ski Aggu. Anschließend verteilte Pamela Reif ihre Fitnessriegel an geladene Promis, mehr Schleichwerbung geht irgendwie auch nicht. Und mehr Brimborium als bei Raabs Eintreffen wohl auch nicht. Aber gut, wer sich fast zehn Jahre rar macht, darf sich dann auch feiern lassen.

„Touch Gloves and Good Luck“

Nachdem Verna Mae Bentley-Krause auch noch den Raab-Klassiker „Ich liebe Deutscheland“ performte, hieß es final „Touch Gloves and Good Luck“. Glück hatte Raab insofern, als dass er eben nicht KO ging, sich auch nicht wie 2001 die Nase von Halmich brechen ließ und die sechs Runden überstand. Die Siegerin hieß am Ende, auch bevor die Ringrichter ihre Bewertung abgaben, daher ganz klar: Regina Halmich. Das erkannte auch Raab an und hob ihre Hand direkt nach dem Kampf in die Höhe um zu zeigen: Wir haben’s geschafft, aber natürlich hast du gewonnen. 

Es wäre „schön“ gewesen, so die Boxweltmeisterin in ihren ersten Worten nach dem Sieg, wenn der Kampf noch ein paar Runden weitergegangen wäre, „ich war jetzt warm“. Raab bedankte sich als Erstes bei seinen Fans: „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, das hat mich wirklich gefreut nach so langer Zeit“, rief er in die Menge, bevor er witzelte, dass er, wenn man die sichtbaren blauen Flecken zählen würde, gewonnen hätte. Halmich sah tatsächlich mitgenommener aus als der Entertainer.

Raab wurde in der anschließenden live übertragenen Pressekonferenz dann aber bestätigt, dass seine Schmerzen an der Rippe vermutlich darauf zurückzuführen sind, dass er sich diese gebrochen hat. „Ich glaub‘, ich hab einen kleinen Rippenschaden erlitten“, sagte er in Richtung seines Arztes, der das nach einer kurzen Untersuchung bestätigte, und ein Röntgen vorschlug. Am Mittwoch in seiner neuen Show bei RTL+ wolle er das Ergebnis des Röntgentermins mitteilen, sagte er. There’s no business like show business, eben auch dann nicht, wenn man die Frage nach einem Rippenbruch bejaht bekommt und dann ungläubig „wie, die ist durch?“ stammelt und den Abend weiterlaufen lässt.

Halmich zu Raab: „Das war unser letzter Kampf“ 

Das Raab-Comeback ist also wahrgeworden. Nicht nur in Form eines dritten Boxkampfes, dem wohl besten der drei, sondern auch in Form eines Fünf-Jahres-Vertrages, den der Entertainer mit RTL geschlossen hat. Während Raab zurück ist, verabschiedete sich Halmich von diesem Teil Fernsehgeschichte. „Ich will das hier vor allen sagen: Das war unser letzter Kampf“, rief sie dem Moderator zu. Raab hat jetzt sowieso Anderes im Sinn. Er sei zurück, um sich selbst gut zu unterhalten. Der Boxkampf war auf jeden Fall ein guter Start in diese neue Karriere.

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