Kurz vor der Wahl unterstützt Campact mit Geld und Wahlempfehlungen Direktkandidaten – darunter Woidke aber auch eine Grüne in Potsdam. Deren Konkurrentin beklagt eine Einmischung in den Wahlkampf.

Im Wahlkampf-Endspurt in Brandenburg unterstützt die Kampagnenorganisation Campact bestimmte Landtagskandidaten von SPD, Grünen und Freien Wählern in 27 Wahlkreisen und investiert dafür insgesamt 175.000 Euro. Die Initiative will mit ihrer Erststimmen-Kampagne versuchen, eine Blockademacht der AfD im Landtag nach den Wahlen am 22. September zu verhindern, wie Campact mitteilte. Auch zur Landtagswahl in Sachsen und Thüringen startete der Verein schon eine Kampagne gegen die AfD.

Unterstützung für Grünen-Kandidatin im umkämpften Potsdamer Wahlkreis

In dem hart umkämpften Wahlkreis Potsdam I unterstützt die Organisation die Grünen-Direktkandidatin Marie Schäffer. Sie hatte 2019 überraschend das Mandat mit den meisten Erststimmen erzielt – vor der damaligen SPD-Konkurrentin Klara Geywitz. Diesmal tritt Schäffer gegen die SPD-Direktkandidatin Manja Schüle an, Brandenburgs Wissenschafts- und Kulturministerin, die eine Einmischung von Campact in den Wahlkampf kritisierte.

Campact will neben Mails an Unterstützer die Wahlempfehlung für Schäffer in die Postkästen von 61.000 Haushalten im Wahlkreis bringen, wie die Organisation ankündigte. Die Kosten betragen nach Angaben von Campact etwa 50.000 Euro. Dazu komme eine Spende an Schäffer in Höhe von 25.000 Euro. 

Campact: Sperrminorität der AfD verhindern

Die Organisation will mit der Unterstützung für die grüne Direktkandidatin in Potsdam erreichen, dass sich für die schwächelnde Partei die Chance auf den Einzug in den Landtag erhöht. Campact sieht dadurch eine Möglichkeit, eine Sperrminorität für die AfD zu verhindern. Denn Parteien können durch die sogenannte Grundmandatsklausel in Fraktionsstärke in den Landtag einziehen, wenn sie zwar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, aber mindestens ein Direktmandat erzielen.SPD-Direktkandidatin Schüle schrieb als Reaktion auf die Campact-Kampagne in einer Botschaft an ihre Wahlkampf-Unterstützer, die AfD sei in Brandenburg sehr viel schwächer als in Thüringen, die Grünen könnten den Einzug in den Landtag über die Zweitstimme schaffen. „Und ich finde es auch demokratietheoretisch höchst problematisch, dass sich eine Kampagnenplattform mit sehr viel Geld in dieser Weise in den Wahlkampf einmischt.“ 

Wahlempfehlung für 25 Kandidaten der SPD – auch für Woidke

Zudem gibt Campact in 26 Wahlkreisen weitere Wahlempfehlungen für die Erststimme ab und zwar für die aus ihrer Sicht jeweils aussichtsreichsten Gegenkandidaten zur AfD, die in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall gilt. Damit soll verhindert werden, dass die AfD sehr viele Direktmandate holt und damit auch Überhangmandate im Parlament bekommt. 

In 25 Wahlkreisen unterstützt Campact SPD-Kandidaten und in einem Wahlkreis die BVB/Freien Wähler – hier den Landtagsabgeordneten Péter Vida. Er hatte 2019 das Direktmandat in seinem Wahlkreis im Barnim geholt. Die finanzielle Unterstützung für die Kandidaten betrage pro Wahlkreis je 4.000 Euro. Die Brandenburger SPD erhält damit insgesamt 100.000 Euro. 

Eine Wahlempfehlung für die Erststimme wird etwa für den Direktkandidaten und SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (Wahlkreis Spree-Neiße I) ausgesprochen. In Ostprignitz-Ruppin wird die Sozialdemokratin Ulrike Liedtke, die Landtagspräsidentin ist, unterstützt sowie Daniel Keller, SPD-Landtagsfraktionschef, im Potsdamer Wahlkreis II. 

Das Geld kommt laut Campact von den Unterstützern der Organisation. In Brandenburg seien das rund 80.000 Menschen. Die Aktionen seien mit den Parteien zuvor auch besprochen worden. Die bundesweit aktive Kampagnenorganisation Campact nahm im vergangenen Jahr insgesamt 16,1 Millionen Euro ein – der Großteil davon waren Spenden und Förderbeiträge, wie im Transparenzbericht 2023 der Organisation steht.