Trotz eines Angebots von 25 Prozent mehr Lohn haben die Mitarbeiter des US-Flugzeugbauers Boeing in den Werken in der Region Seattle mit großer Mehrheit für einen Streik gestimmt. Die Arbeiter lehnten das Tarifangebot mit 94,6 Prozent der Stimmen ab, wie der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft IAM, Jon Holden, am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte. Für einen Streik stimmten sogar 96 Prozent, das Votum lag damit deutlich über der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit.
„Unsere Mitglieder haben heute Abend laut und klar gesprochen“, sagte Holden. Ab Mitternacht (Freitag 09.00 Uhr MESZ) werde die Arbeit niedergelegt.
Die Führung von Boeing und Vertreter der IAM verhandeln seit Monaten über einen neuen Tarifvertrag – der aktuelle ist bereits seit 16 Jahren in Kraft und galt nur noch bis zur Nacht zum Freitag. Entsprechend hoch waren die Forderungen der Gewerkschaft, um die Verluste der vergangenen Jahre aufzuholen. Sie wollte 40 Prozent mehr Geld, außerdem forderten die Beschäftigten die Wiedereinführung von Pensionssystemen.
Vor einigen Tagen dann gelang eine Einigung auf 25 Prozent mehr Lohn gestreckt auf vier Jahre. Außerdem versprach Boeing hohe Investitionen in der Region: In Seattle und Umgebung soll ein neues Flugzeugmodell gebaut werden, was auf Jahre Arbeitsplätze sichern würde. Die Gewerkschaft empfahl die Annahme der Einigung. Gewerkschaftvertreter Holden hatte erklärt, es sei nicht ausgemacht, dass durch Streiks noch mehr herausgeholt werden könne.
In den vergangenen Tagen hatten sich jedoch die kritischen Kommentare gemehrt, nachdem die IAM am Sonntag die Einigung auf ihrer Facebookseite veröffentlicht hatte. Vielen ging das Erreichte nicht weit genug.
Boeing hatte betont, die Lohnerhöhung sei so hoch wie nie zuvor. „Wir haben das Maximum gegeben“, schrieb Boeing-Managerin Stephanie Pope in einer Mitteilung an die Beschäftigten. Der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg warnte, ein Streik könne die Erholung des Unternehmens gefährden, das gerade „eine schwierige Zeit durchmacht“.
Boeing schrieb zuletzt tiefrote Zahlen und ist mit 60 Milliarden Dollar (54 Milliarden Euro) verschuldet. Die Führung steht zudem wegen einer Reihe von technischen Problemen unter Druck. Besonders großen Wirbel verursachte ein Vorfall im Januar, bei dem einer 737 MAX 9 von Alaska Airlines während des Fluges eine Kabinentürabdeckung abgefallen war, die Maschine musste notlanden. Außerdem gab es Berichte von Informanten über Mängel bei der Produktion sowie der Qualitätskontrolle.
yb