Nach der Entlassung einer Spitzenbeamtin aus der Regierung wegen angeblichen Fehlverhaltens ohne weitere Erklärung spricht die Opposition von Rufschädigung. Mit zehn Fragen dringt sie auf Aufklärung.

In der Affäre um die entlassene hessische Staatssekretärin Lamia Messari-Becker fordert die Opposition von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) eine öffentliche Entschuldigung und die Beantwortung von zehn Fragen bis Montag. Zugleich brachte sie in Wiesbaden einen Untersuchungsausschuss ins Spiel.

Die Staatskanzlei bestätigte unterdessen der Deutschen Presse-Agentur, dass bei ihr „ein Widerspruch von Frau Staatssekretärin a.D. Prof. Dr. Messari-Becker gegen ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand eingegangen“ sei. Die Landesregierung strebe eine „zeitnahe“ Entscheidung darüber an. Messari-Beckers Rechtsbeistand sei daher Gelegenheit gegeben worden, den Widerspruch zu begründen.

Zehn Fragen an den Regierungschef

Die Oppositionsfraktionen der Grünen und der FDP wandten sich nach eigenen Angaben mit einem offenen Brief mit zehn Fragen an Ministerpräsident Rhein. Denn alle vorherigen Fragen von Parlamentariern an Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) und Kultusminister Armin Schwarz (CDU) in zwei Ausschüssen des Landtags seien „gar nicht oder ausweichend beantwortet“ worden. Die Staatskanzlei teilte zu dem Brief auf Anfrage lediglich mit: „Wir schauen uns das jetzt an und dann wird das Schreiben beantwortet.“

„Es grenzt an Rufmord, ein Fehlverhalten der Staatssekretärin in den Raum zu stellen, dann aber nicht zu sagen, worin dieses Fehlverhalten besteht“, hielten die Grünen und Liberalen Minister Mansoori vor. „Die Landesregierung darf nicht als Haifischbecken gelten, in dem qualifizierte Menschen fürchten müssen, verbrannt oder Opfer von Machtspielen in einem Ministerium zu werden“, ergänzten beide Fraktionen in ihrem Brief an Rhein.

Spekulationen um Elterngespräch an Schule

Mansoori hatte im Juli erklärt, die parteilose Bauphysik-Professorin Messari-Becker, einst vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommen, wegen eines außerdienstlichen „Fehlverhaltens“ zu entlassen. Medienberichten zufolge warf der Vize-Ministerpräsident der Politik-Quereinsteigerin vor, in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Schulnote ausgeübt zu haben. Öffentlich äußerte sich Mansoori bisher nicht dazu. Messari-Becker wies die Vorwürfe vehement als unzutreffend zurück.

Die Fraktionschefs der Grünen und der FDP fragten in ihrem Brief Regierungschef Rhein unter anderem, worin das angebliche Fehlverhalten der geschassten Staatssekretärin bestanden habe. Mit Blick auf deren Elterngespräch erinnerten sie daran, dass Bildungsminister Schwarz von einem „Sachverhaltsbericht“ eines Schulleiters gesprochen und dieses Schreiben als schulrechtlich irrelevant eingestuft hatte. Wie könne so ein Bericht dennoch zu Messari-Beckers Entlassung geführt haben? Auch diese Frage stellten Grüne und Freidemokraten. 

Staatskanzlei involviert?

Ebenso fragten sie Ministerpräsident Rhein, ob ein Bericht des Medienportals „Table Media“ zutreffend sei, „wonach der „Sachverhaltsbericht“ erst am 15. August im Kultusministerium einging und somit keine Grundlage für die bereits zuvor erfolgte Entlassung der Staatssekretärin gewesen sein kann“.

FDP-Fraktionschef Stefan Naas sagte, dass in dieser Affäre offenbar „einiges auch über die Staatskanzlei“ gelaufen sei. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner drohte, falls Rhein die ihm gestellten Fragen nicht beantworte, „behalten wir uns alle Instrumentarien vor, die der Landtag bereithält“. Für die Durchsetzung eines Untersuchungsausschusses hätten die Fraktionen der Grünen und der FDP genug Abgeordnete und Stimmen, ergänzte Wagner.