Seit Monaten arbeiten Bund und Land an einer Rettung der für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannten Meyer Werft. Tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel.

Die niedersächsische Landesregierung hat den Einstieg bei der angeschlagenen Meyer Werft beschlossen. „Mit unserem Engagement schaffen wir die Voraussetzung für den Erhalt und die zukunftsfähige Neuausrichtung der Werft“, sagte Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) in Hannover. Das Land will für 200 Millionen Euro 40,4 Prozent der Werft übernehmen – der Bund ebenfalls. 19,2 Prozent soll die Familie Meyer behalten. 

Zudem benötigt die Werft Bürgschaften, um neue Kredite für den Schiffbau zu bekommen und so eine milliardenschwere Finanzierungslücke zu schließen. Bund und Land wollen diese Bürgschaften gewähren; dabei geht es um jeweils rund eine Milliarde Euro. Die Landesregierung begründet die geplante Rettung damit, dass die Krise der Werft direkt und indirekt mehr als 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland bedrohe. Zudem müsse die maritime Industrie in Deutschland erhalten werden.

Nach dem Beschluss im Kabinett fehlt noch die Zustimmung des Haushaltsausschusses im Landtag.

Heere: Kein jahrzehntelanges Engagement

„Dass wir uns in dieser Größenordnung für ein einzelnes Unternehmen engagieren, zeigt dessen wirtschaftspolitische Bedeutung nicht nur für die Region, sondern darüber hinaus für das Land Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland“, betonte Heere. Der Staat habe jedoch nicht das Ziel, dauerhaft Mehrheitsgesellschafter der Werft zu bleiben. Ein Enddatum gebe es nicht, „aber natürlich soll das kein jahrzehntelanges Engagement werden“. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) fügte hinzu: „Wenn die Werft sich wieder gut aufstellt, da bin ich mir sicher, gibt es auch Interessenten.“

Auf die Frage, ob der Staat der bessere Schiffbauer sei, sagte Lies: „Wir sind Gesellschafter an einem Unternehmen. Wir sorgen mit unserer Entscheidung für die Stabilität und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens, die es sonst nicht geben würde.“ Man habe sich nicht vorgenommen, selber Schiffe zu bauen.

Dieser Schritt sei nun „ein Stück Neustart“, sagte Lies. Es sollen Strukturen geschaffen werden, die dem Unternehmen gerecht werden: ein Konzern mit zwei Standorten in Papenburg und Rostock, einem Konzernbetriebsrat und einem Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat, so Lies, solle paritätisch besetzt sein. Die Arbeitnehmerseite soll mit sechs Mitgliedern vertreten sein; hinzukämen ein Mitglied der Familie Meyer sowie fünf Mitglieder von Bund und Land. Wer aus der rot-grünen Landesregierung in den Aufsichtsrat kommt, werde man innerhalb des Kabinetts beschließen. 

Meyer Werft muss Finanzierung bis Mitte September klären

Die Meyer Werft muss zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen. Bis zum 15. September müssen die Einigungen dazu stehen. 

An mangelnden Aufträgen liege diese Schieflage nicht, hieß es. Allerdings sind einige Verträge für die Schiffe noch vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt – den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren.