Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen laut Hochrechnung gewonnen – allerdings nur knapp vor der vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften AfD. Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wurde am Sonntag aus dem Stand zur drittstärksten Kraft deutlich vor SPD und Grünen. Wie es mit der Koalitionsbildung in Sachsen weitergehen könnte, blieb zunächst allerdings offen.
Die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer, die in Sachsen seit 1990 allein oder in Koalitionen regiert, kam in Hochrechnungen von ARD und ZDF auf 31,5 beziehungsweise 31,8 Prozent Prozent. Die AfD um ihren Spitzenkandidaten Jörg Urban, folgte dicht dahinter mit 30,4 Prozent beziehungsweise 30,8 Prozent. Das BSW lag dagegen bei 11,5 bis zwölf Prozent.
Die SPD, die mit CDU und Grünen bislang eine Regierung bildet, erreichte 7,5 bis 7,6 Prozent. Die Grünen lagen laut Hochrechnungen mit 5,2 bis 5,5 Prozent knapp über der Fünfprozenthürde und würde erneut in den Landtag kommen.
Die Linke scheiterte laut Hochrechnungen mit 4,2 bis 4,8 Prozent zwar an der Fünfprozenthürde. Durch den Gewinn von zwei Direktmandaten in Leipzig könnte sie den Sendern zufolge über eine Sonderklausel im Wahlrecht voraussichtlich allerdings trotzdem in den Landtag einziehen. Die FDP erhielt nur wenige Stimmen, die Hochrechnungen wiesen sie gar nicht mehr separat aus.
Für eine Neuauflage der Regierungskoalition von CDU, SPD und Grünen würde es den Hochrechnungen zufolge nicht mehr reichen. Ein Dreierbündnis von CDU, SPD sowie BSW hätte dagegen eine Mehrheit – ebenso wie Koalitionen aus CDU und BSW entweder mit Grünen oder Linken. Nur rechnerisch möglich wären Koalitionen mit der AfD. Sowohl die CDU als auch alle anderen Parteien in Sachsen schlossen ein Zusammengehen mit der Partei klar aus.
Die Regierungsbildung dürfte damit extrem schwierig werden. Kretschmer hatte vor der Wahl zu erkennen gegeben, dass er eine Neuauflage einer Koalition mit den Grünen vermeiden möchte. Koalitionen mit den Linken sind für die CDU aufgrund eines Unvereinbarkeitsbeschlusses unmöglich.
Zu Bündnissen mit dem BSW positionierte Kretschmer sich vor der Wahl nicht klar, schloss sie aber auch nicht grundsätzlich aus. Von BSW-Chefin Wagenknecht für eine Regierungsbeteiligung gestellte Bedingungen wie ein Nein zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland nannte er allerdings „unfassbar“. Bündnisse mit dem BSW sind auch in der CDU insgesamt strittig.
Es werde nicht einfach, aber es könne gelingen, Sachsen eine stabile Regierung zu geben, sagte Kretschmer am Sonntag vor CDU-Anhängern in Dresden. Die Regierungsbildung werde aber „viele Gespräche“ und „Geduld“ brauchen, sagte er in der ARD. Aber Politik habe eine Verantwortung: „Die schlechteste aller Varianten ist, überhaupt keine Regierung zu haben.“ Angaben zu möglichen Koalitionspartnern machte er dabei nicht.
AfD-Spitzenkandidat Urban zeigte sich am Wahlabend optimistisch, dass seine Partei am Ende doch noch stärkste Kraft werden könnte. „Wir haben das Kopf-an-Kopf-Rennen“, sagte Urban am Sonntag vor Anhängern. Mit weiterer Auszählung der Stimmen schien dies im Laufe des Abends aber immer unwahrscheinlicher zu werden.
Sachsens BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann schloss eine Koalition mit der AfD erneut aus. Für ihre Partei komme es darauf an, dass sich die Politik für die Bürgerinnen und Bürger verändere, fügte sie mit Blick auf mögliche Bündnisgespräche an. Das Wahlergebnis des BSW mache sie „stolz“.
„Es liegt jetzt an der CDU, unter diesen schwierigen Voraussetzungen eine stabile demokratische Regierung zu bilden“, erklärten das Kandidatenteam der sächsischen Grünen, Katja Meier, Wolfram Günther und Franziska Schubert. Ihre Partei sei jedenfalls „gesprächsbereit“, fügten sie hinzu.
Im künftigen Landtag dürfte die CDU den Hochrechnungen zufolge 41 oder 42 Sitze bekommen, die AfD 40 bis 41 Sitze. Auf das BSW entfallen 15 oder 16 Mandate, auf die SPD zehn. Die Grünen erhalten demnach sieben Sitze, die Linke fünf oder sechs.
Einen Rekord gab es möglicherweise bei der Wahlbeteiligung: Sie lag nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF bei 74 Prozent. Damit würde der bisherige Höchstwert von 72,8 Prozent im Jahr 1990 übertroffen.