Im Prozess um den tödlichen Schuss eines 15-Jährigen auf seinen 14 Jahre alten Mitschüler in Unterfranken fällt nun das Urteil. War es Mord oder Totschlag? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.

Nach dem tödlichen Schuss auf einen Mitschüler auf einem Schulgelände im unterfränkischen Lohr am Main steht nun das Urteil an. Ein 15-Jähriger hatte im vergangenen September einem 14-Jährigen von hinten in den Kopf geschossen. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft muss der Jugendliche dafür für mehrere Jahre wegen Mordes weggesperrt werden. Der Verteidiger hingegen plädiert auf Totschlag. Ihr Urteil will die Große Jugendkammer des Landgerichts Würzburg um 10.00 Uhr verkünden.

Der Deutsche hat den tödlichen Schuss im Prozess eingeräumt. Er habe diesen aber nicht absichtlich abgegeben, sagte er. In seinem letzten Wort entschuldigte sich der 15-Jährige bei den Hinterbliebenen und sagte, dass ihm alles unglaublich leidtue.

Mehrjährige Haftstrafe gefordert

Für die Staatsanwaltschaft steht dennoch fest: Die Tat in Lohr am Main nordwestlich von Würzburg ist als Mord zu werten. Sie sieht zudem das Mordmerkmal der Heimtücke als erwiesen an, da der Kopfschuss von hinten kam. Die Forderung: acht Jahre und neun Monate Jugendstrafe. Die Höchststrafe wären zehn Jahre. Zudem beantragte der Anklagevertreter, die Sicherungsverwahrung vorzubehalten und die Unterbringung des 15-Jährigen in einer sozialtherapeutischen Einrichtung anzuordnen.

Verteidiger plädiert auf Totschlag

Dem widersprach der Verteidiger des Jugendlichen. Für ihn komme eine Verurteilung wegen Mordes nicht in Betracht, da kein Mordmerkmal verwirklicht sei. Insbesondere das Mordmerkmal der Heimtücke könne aufgrund von Rekonstruktionen und der Umstände der Tat ausgeschlossen werden, befand der Anwalt des Angeklagten in dem nichtöffentlich geführten Prozess. Er beantragte eine Jugendstrafe von sechs Jahren wegen Totschlags. Die Voraussetzungen, um eine Sicherungsverwahrung vorzubehalten, sah der Verteidiger nicht als gegeben an.

Familie des Opfers hofft auf Aufklärung des Motivs

Die Eltern des getöteten italienischen Jungen sind Nebenkläger in dem Verfahren. Sie schlossen sich mit ihrem Plädoyer dem der Staatsanwaltschaft weitgehend an. Für den Fall, dass die Jugendkammer den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nicht anordnen sollte, regte ihr Anwalt an, dass das Gericht eine höhere Strafe verhängen sollte als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Familie hatte zu Prozessbeginn deutlich gemacht, dass ihr die Aufklärung des Motivs und eine Entschuldigung ein großes Anliegen ist.

Die beiden Jungen gingen in dieselbe Mittelschule in der Kleinstadt im Spessart. Nach der Gewalttat steht der Angeklagte nun seit dem 3. Mai vor Gericht. Er hatte seinen Mitschüler mit einem einzigen Schuss aus einer Pistole getötet, zum Auftakt des Prozesses aber über seinen Verteidiger erklären lassen, der Schuss sei nicht geplant gewesen, sondern aus der Situation heraus entstanden. Weiter ließ er laut einer Gerichtssprecherin erklären, dass er wünschte, er könnte alles rückgängig machen. Da der Angeklagte jugendlich ist, schreibt das Gesetz eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen vor.