Die für Deutschland enorm wichtige Autoindustrie sieht sich zunehmend ins Ausland gedrängt. Bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen macht der Branchen-Verband VDA dringenden Handlungsbedarf aus.

Die Autoindustrie sieht angesichts hoher Energiepreise und überbordender Bürokratie die Produktion in Deutschland in Gefahr. „Teilweise können Werke nur hierzulande gehalten werden, weil Geld an Standorten im Ausland verdient wird. Wir haben ein gravierendes Standortproblem“, sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Die Jobs in Deutschland könnten nur gehalten werden, wenn Energie billiger werde, Rohstoffe gesichert würden und Bürokratie abgebaut werde. 

Stattdessen begebe sich die EU etwa mit dem Lieferkettengesetz auf Sonderwege und türme neue Bürokratie-Hürden auf. „Auch die Bundesregierung muss vom Reden ins Handeln kommen, sonst lässt sich die schleichende Deindustrialisierung nicht mehr stoppen, weil Deutschland bei den Produktionskosten nicht mithalten kann“, warnte Müller. Berlin müsse deutlich mehr Druck auf Brüssel machen, Energiepartnerschaften mit Afrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika sowie Handelsabkommen abschließen. „Wir werden nicht daran scheitern, dass wir keine guten Autos mehr bauen. Es geht allein um die Rahmenbedingungen“, so Müller. 

Die VDA-Präsidentin forderte auch die Rücknahme der EU-Strafzölle auf chinesische E-Autos. Die Subventionen in China seien zwar eine Herausforderung, aber Strafzölle seien kein geeignetes Mittel für den Schutz der Branche. „Es drohen Gegenmaßnahmen durch China und eine Protektionismus-Spirale würde Deutschland als Exportnation wohl amhärtesten treffen.“ Deutsche Hersteller verkauften in China etwa 100-mal so viele Pkw wiechinesische Marken in Deutschland, betonte Müller im Interview der Zeitung. Die Sorge vor einer E-Auto-Schwemme aus Fernost sei aktuell übertrieben. Die Gespräche, die die EU-Kommission mit Peking führe, müssten intensiviert werden, denn es gebe Lösungsräume. 

Mit Blick auf den schwächelnden Markt für E-Autos forderte Müller erneut einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur. „Das Allerwichtigste, um die E-Mobilität hierzulande wieder in Schwung zu bringen, sind Ladesäulen, Ladesäulen, Ladesäulen und Netze, Netze, Netze!“ In gut einem Drittel aller Gemeinden gebe es noch keinen öffentlichen Ladepunkt und knapp drei Viertel aller Gemeinden hätten noch gar keinen Schnellladepunkt installiert. Spediteure, die Schnellladesäulen für ihre Strom-Lkw haben wollten, bekämen von ihren Netzbetreibern gesagt: „Das schaffen wir in sechs oder acht Jahren“. Auch das Bezahlsystem müsse vereinheitlicht und vereinfacht werden, sodass Nutzer an jedem Ladepunkt laden können.