Nach der hochumstrittenen Präsidentschaftswahl in Venezuela hat die Opposition für Samstag zu weiteren Protesten „in allen Städten des Landes“ aufgerufen. „Wir müssen standhaft, organisiert und mobilisiert bleiben“, sagte die Oppositionsführerin María Corina Machado am Donnerstag (Ortszeit) in einer Videobotschaft im Netz. Aus Sicht der Opposition steht fest, dass ihr Kandidat Edmundo González Urrutia bei den Wahl in dem südamerikanischen Land einen „historischen Sieg“ errang.

„Die Welt wird die Kraft und die Entschlossenheit einer Gesellschaft sehen, die in Freiheit leben will“, erklärte Machado weiter. Die Oppositionsführerin selbst war wegen angeblicher Korruption von der Wahl ausgeschlossen worden, ihr droht wie González Urrutia eine Verhaftung. Beide sind seit dem Wahltermin am 28. Juli nicht mehr öffentlich aufgetreten. „Ich werde euch niemals allein lassen“, schrieb González Urrutia im Onlinedienst X.

Machado hält sich aus Angst um ihr Leben mittlerweise versteckt. „Ich schreibe diese Zeilen aus einem Versteck, um mein Leben, meine Freiheit und die meiner Landsleute fürchtend“, hieß es am Donnerstag in einem Gastbeitrag der Oppositionspolitikerin in der US-Zeitung „Wall Street Journal“. Sie warf den venezolanischen Sicherheitsbehörden vor, bei ihrem Vorgehen gegen die Proteste nach der Wahl 20 Menschen getötet zu haben.

Am Montag hatte die weitgehend regierungstreue Wahlbehörde in Venezuela Amtsinhaber Nicolás Maduro ungeachtet von internationaler Kritik und Betrugsvorwürfen der Opposition offiziell zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt. Er habe 51,2 Prozent der Stimmen auf sich vereint, Oppositionskandidat González Urrutia sei auf 44,2 Prozent gekommen. Detaillierte Ergebnisse veröffentlichte die Wahlbehörde trotz entsprechender Forderungen von der Opposition und aus dem Ausland bislang nicht.

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses entbrannten Proteste, gegen welche die Sicherheitskräfte gewaltsam vorgingen. Der venezolanische Generalstaatsanwalt Tarek William Saab sprach von 749 Festnahmen, einem Teil der Betroffenen könnten demnach „Terrorismus“-Straftatbestände zur Last gelegt werden. Nach Angaben des Militärs wurden ein Soldat getötet und 23 weitere verletzt.

Zahlreiche Staaten zweifeln den offiziell verkündeten Wahlsieg Maduros an. US-Außenminister Antony Blinken erklärte, es gebe „überwältigende Beweise“ für einen Sieg der Opposition. Es sei „völlig klar, dass Edmundo González Urrutia bei der Präsidentschaftswahl am 28. Juli die meisten Stimmen erhalten hat“, sagte Blinken am Donnerstag. Das offiziell verkündete Ergebnis spiegele „nicht den Willen des venezolanischen Volkes“ wider.

Unter anderem die USA, Brasilien und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderten die venezolanischen Behörden auf, detaillierte Daten zu den ausgezählten Stimmen zu veröffentlichen. Peru erkannte bereits González Urrutia als rechtmäßigen venezolanischen Präsidenten an – woraufhin die Regierung in Caracas ihre diplomatischen Beziehungen zu Lima unterbrach. Aus insgesamt acht lateinamerikanischen Staaten zog Venezuela diplomatisches Personal ab und forderte die Botschafter dieser Staaten auf, Venezuela zu verlassen.

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