Die Ampel-Koalition steht vor einem neuen Problem: Wegen möglicher Risiken muss der Haushalts-Kompromiss vielleicht nochmal aufgemacht werden. Finanzminister Lindner sieht sich auf dem richtigen Kurs.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Prüfung umstrittener Vorhaben im Streit um den Bundeshaushalt 2025 gegen scharfe Kritik der Koalitionspartner verteidigt. „Ich bin erstaunt, denn auch Sozialdemokraten in Partei und Bundestag wissen ja, dass es drei Prüfaufträge gab und keine politische Verabredung“, sagte der FDP-Chef bei einer Wahlkampfveranstaltung der Brandenburger FDP in Potsdam.
Die Prüfaufträge seien Vorschläge des Kanzleramts gewesen – „die sind verfassungsrechtlich beziehungsweise auch ökonomisch nicht überzeugend, teilweise sogar riskant“, sagte er. Lindner warnte vor Gefahren: „Verfassungsrechtliche Risiken können wir aber nicht eingehen, denn wir haben ja schon einmal aufgrund eines Koalitionskompromisses ein Urteil aus Karlsruhe erhalten. Deshalb kann ich alle nur dazu auffordern, sehr sorgfältig mit unserer Verfassung umzugehen.“
Gutachten sehen Zweifel
Die Ampel-Koalition muss ihren Kompromiss zum Bundeshaushalt 2025 möglicherweise grundlegend nachverhandeln, denn zwei wissenschaftliche Bewertungen zu geplanten Vorhaben ergaben laut Finanzministerium, dass weitere Gespräche notwendig sind. Es gibt Zweifel, ob einzelne Vorhaben verfassungsrechtlich und wirtschaftlich tragbar sind. Damit sollte die auch nach den Verhandlungen der Ampel-Spitzen bestehende Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro um die Hälfte reduziert werden.
SPD-Chef Saskia Esksen hatte gesagt, dass der FDP-Chef seine Bewertung ohne jede Abstimmung in der Regierung vorgenommen und am Tag des großen Gefangenenaustauschs veröffentlicht habe, „das ist rücksichtslos und überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen in einer Koalition“. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch warf Lindner eine „Kopf-in-den-Sand-Politik“ vor. Die Ampel-Koalition hatte nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts bereits Finanzlücken stopfen müssen.
Lindner fordert Umschichtungen
Der Finanzminister zeigte sich zuversichtlich, machte aber auch deutlich, dass die Koalition noch einen Weg vor sich hat. „Wir haben noch eine Aufgabe vor uns. Wir reduzieren die Minderausgabe, die wir uns vorgenommen haben, jetzt noch einmal weiter, aber wir sind noch nicht ganz fertig“, sagte er.
„Die Sozialausgaben sind seit 2019 massiv gestiegen, aber dennoch haben wir ja neue Aufgaben, Bildung, Investitionen in die Infrastruktur, Bundeswehr, deshalb müssen wir umschichten“, sagte Lindner. Steuererhöhungen und uferlose Verschuldung seien ausgeschlossen. „Völlig klar ist, was nicht verfassungsrechtlich sicher ist und was wirtschaftlich nicht vernünftig ist, das kann nicht umgesetzt werden, da gab es auch nie eine politische Zusage.“
Minister: Noch Zeit zu verhandeln
Lindner sieht keinen Zeitdruck. „Der Haushalt wird nach jetzigem Plan ja erst Ende November dieses Jahres beschlossen werden, insofern ist da jetzt noch viel Zeit, zu schauen“, sagte er. Die Regierung berate nun darüber, auch der Bundestag werde das ja tun.
Er nannte ein Lösungsbeispiel. „Wir haben jetzt beispielsweise vorgeschlagen, bei der Deutschen Bahn nicht wie vom Kanzleramt angeregt ein Darlehen statt der Zuschüsse zu vergeben, sondern das Eigenkapital der Bahn noch einmal um weitere 3,6 Milliarden Euro im nächsten Jahr zu stärken.“