Am Montag startet für Hunderttausende Schülerinnen und Schüler das neue Schuljahr. Einige Probleme bleiben weiterhin akut. Wie Kultusministerin Hamburg gegensteuern will und was sich nun ändert.

 

Das neue Schuljahr in Niedersachsen bringt Probleme mit sich. Wieder gibt es mehr Schülerinnen und Schüler – gleichzeitig fehlen Lehrkräfte. Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) zeigt sich dennoch zuversichtlich. „Wir haben deutlich mehr Schülerinnen und Schüler, wir haben mehr Aufgaben und riesige personelle Herausforderungen“, sagte sie und fügte hinzu: „Aber wir haben auch erneut deutlich mehr Lehrkräfte, nämlich so viele wie noch nie in Niedersachsen.“ Zudem will die Ministerin mit drei Maßnahmen für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. 

Eine Übersicht zum neuen Schuljahr

Schüler: Zu Beginn des neuen Schuljahres wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler erneut steigen. Das Kultusministerium rechnet mit 840.000 Schülerinnen und Schülern zum neuen Schuljahr. Das sind rund 19.000 mehr als im vorherigen Schuljahr. Angesichts steigender Geburtenzahlen und Migration rechnet Kultusministerin Hamburg in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Zahlen. Für rund 82.000 Kinder geht es in die erste Klasse. Das sind etwas mehr als im vergangenen Jahr (80.871). Die Einschulung findet am 10. August statt.

Lehrer: Mehr Schüler erforderten auch mehr Personal. „Jede weitere Lehrkraft hilft uns angesichts steigender Schülerzahlen dem Abwärtstrend entgegenzuwirken“, sagte Hamburg. Seit Jahresbeginn wurden nach Angaben des Kultusministeriums 2.191 Lehrkräfte eingestellt. Allerdings habe es auch 1.764 Abgänge gegeben – folglich ein Plus von gut 400 Lehrkräften. Dies sei ein Beitrag, um die Situation bestmöglich zu stabilisieren. Klar sei aber auch, der Mangel bleibe erhalten.

Von 1.467 ausgeschriebenen Stellen seien 1.220 besetzt worden. Das ist ein Wert von etwa 83 Prozent – etwas besser als im vergangenen Jahr (81 Prozent). „Wir stellen die nächsten Wochen weiter mit Hochdruck ein“, sagte Hamburg. Mit dem Haushaltsentwurf 2025 wolle man in diesem und im nächsten Jahr 2.460 weitere Stellen bereitstellen. Die Krux: 876 dieser Stellen wurden bereits besetzt, bleiben nur noch 1.584 für das nächste Jahr.

Mehr Geld für Lehrer

Gehalt: Das Land will unter anderem mit einer höheren Bezahlung dem Lehrkräftemangel gegensteuern. Zu Beginn des neuen Schuljahres wird das Gehalt vieler Lehrkräfte angehoben, die dann in eine höhere Besoldungsgruppe kommen. Laut Kultusministerium profitieren davon rund 35.500 Lehrkräfte. Mehr als 71.000 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten an Niedersachsens allgemeinbildenden Schulen.

Bei einer Vollzeitbeschäftigung bedeutet der Sprung ein Plus von mehreren hundert Euro im Monat. Wie hoch das Einkommen ist, lässt sich laut Ministerium nur schwer pauschal beantworten. Das hängt etwa davon ab, ob die Lehrkraft verbeamtet ist oder nicht und darüber hinaus Zulagen erhält. 

Unterrichtsversorgung: Die Unterrichtsversorgung ist in Niedersachsen seit Jahren ein Streitthema. Zuletzt lag dieser Wert bei 96,9 Prozent und stieg damit leicht an. Je nach Schulform ist der Wert höher oder niedriger. An Gymnasien lag die Unterrichtsversorgung mit Stand August 2023 bei fast 100 Prozent, an Förderschulen hingegen waren es nur 91,6 Prozent.

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Schulen: Zum Beginn des neuen Schuljahres wurden laut dem Kultusministerium 41 neue Ganztagsschulen genehmigt. Demnach sind 75 Prozent aller öffentlichen, allgemeinbildenden Schulen Ganztagsschulen; bei Grundschulen beträgt die Quote 70 Prozent. Ganztagsschulen können an Tagen mit einem offenen Angebot zusätzlich zu den bereits bestehenden Abholzeiten weitere Zeiten einführen. Mit den flexiblen Abholzeiten leiste das Land einen wichtigen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Mehr Bildungsgerechtigkeit: Kultusministerin Hamburg will mit Beginn des neuen Schuljahres den Startschuss für mehr Bildungsgerechtigkeit geben. Dafür sollen drei neue Maßnahmen sorgen, die ineinander greifen: der Sozialindex, das Startchancenprogramm und die sogenannte Lernzeit „Sichere Basis“.

Sozialindex: Wenn an Schulen Kinder und Jugendliche mehr Förderbedarf haben als an anderen Schulen, sollen dort verstärkt Lehrer oder weiteres Personal eingesetzt werden. Um herauszufinden, wo dieser Bedarf besonders groß ist, wurde der Sozialindex entwickelt. Darin werden verschiedene Parameter berücksichtigt – etwa der Schüleranteil mit Migrationshintergrund oder Sprachfördermaßnahmen. 

Fokus liegt auf Grundschulen

Startchancenprogramm: Rund 122.000 Kinder und Jugendliche sollen von dem Programm profitieren, das die Bildungsgerechtigkeit erhöhen soll. Über einen Zeitraum von zehn Jahren soll an landesweit 390 Schulen die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, halbiert werden. 

Lernzeit „Sichere Basis“: Ein Viertel aller Schüler erreicht Angaben des Kultusministeriums zufolge nach der vierten Klasse nicht die Mindeststandards. Deshalb will man den Fokus nun auf Grundschulen legen. Die Lernzeit soll die Vermittlung von Basiskompetenzen verbessern, um Kindern sichere Grundlagen für ihr weiteres Lernen zu ermöglichen. 

Kritik: Trotz einer höheren Bezahlung vieler Lehrkräfte sieht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zahlreiche Probleme für das neue Schuljahr. Eine deutliche Verbesserung der Unterrichtsversorgung sei trotz der Anhebung der Bezüge vieler Pädagogen nicht in Sicht, sagte der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer. 

CDU: Situation hat sich verschärft

Kritik kam auch aus der CDU: Seit ihrem Amtsantritt habe die Kultusministerin bestehende Probleme in Schulen zwar angesprochen, aber keine effektiven Maßnahmen ergriffen, um diese zu lösen, kritisierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Lechner. Die Situation habe sich verschärft. „Was wir jetzt dringend benötigen, ist eine entschlossene Offensive zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung“, sagte Lechner.

AfD-Bildungspolitiker Harm Rykena kritisierte die seiner Ansicht nach zu lange Laufzeit des Startchancenprogramms. Zudem sei die Unterrichtsversorgung mit 96,6 Prozent zu gering. „Um reale Ausfallzeiten zu verhindern, müsste sie idealerweise bei 110 Prozent liegen“, sagte er.