Einen Termin bei Berlins Bürgerämtern zu bekommen, ist oft sehr schwierig. Der Regierende Bürgermeister hat da eine Idee. Nicht alle sind schon überzeugt, dass die Probleme sich damit lösen lassen.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat mit seinem jüngsten Vorschlag zu den chronisch überlasteten Bürgerämtern viel Kritik provoziert. „Die Idee ist, dass die Berlinerinnen und Berliner an einem Tag in der Woche – vielleicht mittwochs – einfach ohne zuvor gebuchten Termin in die Bürgerämter gehen können“, sagte der CDU-Politiker der „Berliner Morgenpost“ (Freitag). „Ich glaube, das würde stark zur Entlastung beitragen.“ Doch selbst den Koalitionspartner überzeugt das nicht, die Opposition schon gar nicht.
SPD hält Wegners Ansatz für falsch
„Die Bürgerämter haben auf Terminvergaben umgestellt, um möglichst effektiv Anliegen zu bearbeiten“, sagte der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb. „Wenn man wirklich helfen will, dann sollte man nicht das System zerschießen, sondern muss von dem Zustand wegkommen, dass bis zu einem Drittel der Termine ungenutzt verfallen, weil die Leute nicht kommen und nicht absagen.“
Aus seiner Sicht verspricht ein anderer Ansatz mehr: „Leider ist in unserem Land scheinbar etwas, dass nichts kostet, auch nichts wert. Dementsprechend würde ich vorschlagen, Strafen für nicht abgesagte Termine zu verhängen“, sagte er.
Grüne: Warme Worte reichen nicht
Die Grünen-Fraktion fordert, Wegner solle Wort halten. „Das Ziel muss es weiter sein, dass man einen Bürgeramtstermin verbindlich buchen kann, wie es auch in jeder anderen Kommune funktioniert. Daran muss sich Wegner messen lassen“, sagte der Abgeordnete Stefan Ziller.
„Viele Berufstätige, vor allem Selbstständige und Familien, können es sich nicht leisten, den halben Mittwoch mit Wartenummer rumzusitzen.“ Deshalb könne das nur eine Ergänzung zum Serviceversprechen auf einen sicheren Termin in maximal 14 Tagen sein. „Kai Wegner ist bei den Bürgerämtern mit großen Versprechen gestartet und wir sehen einmal mehr, dass am Ende nur Wegners warme Worte bleiben.“
Linke befürchten noch größeres Chaos
Auch die Linke hält nichts von Wegners Vorschlag: „Ein Tag mit freiem Zugang ohne Termin wird das Chaos bei den Bürgerämtern vergrößern und nicht verkleinern. Die Mitarbeitenden setzt das zusätzlich unter Stress“, sagte deren Fraktionsvorsitzender Tobias Schulze. „Bereits jetzt ist es möglich, bei einem wichtigen Anliegen, einfach zum Bürgeramt zu gehen.“ Schulze fordert stattdessen, die für die Bürgerämter zugesagten neuen Stellen schnell zu besetzen, das Terminbuchungssystem zu optimieren und die Orientierung in den Bürgerämtern zu erleichtern.
FDP-Generalsekretär Peter Langer forderte, Verwaltungsprozesse effizienter zu gestalten, die Mitarbeiter in den Bürgerämtern dadurch zu entlasten und eine Digitaloffensive zu starten. „Stattdessen setzt Kai Wegner aber auf „freie Wildbahn“ und stundenlanges Warten auf gut Glück. Die Berlinerinnen und Berliner haben aber keine Zeit zu warten. Und sie haben es auch nicht verdient“, sagte Langer. „Berlin braucht endlich eine Landesregierung, die sich mehr traut als den Mangel zu verwalten.“
Der Stadtrat für Bürgerdienste in Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll (Linke), sieht Wegners Idee ebenfalls kritisch: „Der Vorschlag mag in den Ohren der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt gut klingen, ist aber in der Praxis nicht umsetzbar“, sagte er der“Berliner Morgenpost“.
Wegner hat seine Ankündigung nicht eingehalten
„Die Anzahl der Bearbeitungsslots wäre an einem Tag ohne Termine nicht größer, sodass die Zufriedenheit der Bürger kaum gesteigert würde.“ Scheinbar populäre Neuerungen zu verkünden, sei der falsche Ansatz. „Wenn alle hier lebenden Menschen innerhalb von zwei Wochen einen Termin in einem wohnortnahen Bürgeramt erhalten können, sind terminfreie Tage obsolet.“
In Berliner Bürgerämtern einen Termin zu bekommen, gilt als chronisches Problem. Der Regierende Bürgermeister hatte vor einem Jahr versichert, noch 2023 werde das generell innerhalb von 14 Tagen möglich sein. Das hat nicht geklappt. Der schwarz-rote Senat will die Situation unter anderem mit zusätzlichem Personal in den Bürgerämtern verbessern.
Mitte Juni hatte die zuständige Staatssekretärin Martina Klement gesagt: „Bei der Stellenbesetzung in den Bürgerämtern haben wir große Fortschritte erzielen können. Seit dem 30. April sind alle Einstellungsverfahren für die von der Koalition zugesagten 100 zusätzlichen Stellen abgeschlossen.“ Nach ihrer Einarbeitung würden die neuen Mitarbeiter die Kapazitäten in den Bürgerämtern deutlich erhöhen.