Viele Menschen sind in den vergangenen Wochen von Gewittern überrascht worden, zwei Teenager starben nach Blitzschlägen. Dabei kann verhindert werden, in Lebensgefahr zu geraten, sagen Experten.

Auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, ist am 22. Juli ein 18-Jähriger während eines Gewitters durch einen Blitzschlag getötet worden, in der Nähe der Bergstation. Am selben Sonntag wurden in Delmenhorst bei Bremen acht Mitglieder einer Familie durch einen Blitz verletzt, sie hatten an einem Grillplatz in einem Park an einem Baum Schutz gesucht. Eine 14-Jährige, die wiederbelebt werden musste, starb acht Tage später im Krankenhaus. Auch ihr fünf Jahre alter Bruder schwebte zunächst in Lebensgefahr. Wenn plötzlich heftiger Regen einsetzt und es donnert und blitzt, geraten Menschen leicht in Panik. Dabei gilt es, schon bei der Planung von Outdoor-Aktivitäten sich ganz genau die Wettervorhersage anzuschauen.

Wie groß ist die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden?

Es gibt keine offizielle Statistik in Deutschland zur Zahl der Toten und Verletzten durch Blitzeinschläge. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) sammelt und analysiert Medienberichte zu Blitzunfällen und interviewt überlebende Opfer. Der Auswertung des Verbandes zufolge gibt es pro Jahr durch Blitzeinschlag bundesweit etwa sieben Todesfälle und 120 Verletzte. „Von den Menschen, die direkt von einem Blitz getroffen werden, sterben 30 Prozent“, sagt Thomas Raphael, Blitzschutzexperte im VDE. Jedes Jahr kommen dem Fachmann zufolge etwa 52 Geschädigte hinzu, die oft ihr ganzes Leben lang unter den Folgen des Blitzunfalls leiden. 

Welche Vorsichtsmaßnahmen sind zu treffen?

Wenn Unwetter vorhergesagt sind, sollten zu dieser Zeit keine Aktivitäten im Freien geplant werden, rät Raphael. „Wenn ich weiß, dass am Nachmittag Gewitter möglich sind, muss ich wissen, wo ich Schutz finde“, sagt der Elektroingenieur. „Den besten Schutz bieten geschlossene Gebäude aus Stein“, betont Blitzforscher Ullrich Finke von der Hochschule Hannover. Auch im Inneren von Autos sei es relativ sicher, die Fenster müssten aber geschlossen bleiben. Die Karosserie aus Metall dient als Schutz und verhindert, dass die Elektrizität in den Innenraum eindringt. Cabrios bieten nur dann Schutz, wenn eine Metallschicht in das Verdeck eingearbeitet ist. 

Der Schutzraum sollte schon vor dem Herannahen des Gewitters aufgesucht werden, sagt Raphael. „Wir wissen aus unseren Analysen: Es gibt immer wieder Situationen, in denen schon der erste Blitz zu einem Schaden führt.“

Wenn ich draußen von einem Unwetter überrascht werde, welche Orte muss ich meiden?

„Vielen Menschen ist immer noch nicht bewusst, dass man Bäume meiden muss bei Gewittern“, sagt Blitzexperte Raphael. Dies gelte für alle Baumarten. Der Blitz schlägt oft in den höchsten Punkt ein, also müssen auch Reiter vom Pferd steigen. Von Bäumen oder hölzernen Masten kann ein Blitz auf Personen in der Nähe überspringen, auch über mehrere Meter. Finke rät auch davon ab, sich an einer Hauswand unterzustellen, dies habe einen ähnlichen Effekt wie ein Baum. Zu meiden sind darüber hinaus auf jeden Fall Wasser und metallische Gegenstände beziehungsweise Masten aus Metall, weil diese die Elektrizität gut leiten. Radfahrer sollten absteigen und ihr Rad in zehn Meter Entfernung liegenlassen. 

Kann ich in einer Holzhütte oder einem Buswartehäuschen Schutz suchen?

„Hütten sind ungeeignet, denn der Strom geht durch sie den Weg in die Erde“, sagt der Neurologe Berthold Schalke, der an der Uniklinik Regensburg Patienten nach Blitzschlägen betreut. 2013 starben auf einem Golfplatz vier Frauen, die vor einem Gewitter Schutz in einer Holzhütte gesucht hatten, weil der Blitz von den Wänden der Hütte auf sie übersprang. Schalke sind auch Blitzopfer bekannt, die in Buswartehäuschen saßen. In diesem Fall war der Blitz in einem Baum hinter der Bushaltestelle eingeschlagen und über das Erdreich zu der Person gelangt. Beim Wandern in den Bergen können zum Beispiel metallene Leitern oder Geländer tödliche Stromstöße verursachen.

Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich kein festes Gebäude mehr erreiche?

Es wird geraten, sich auf dem freien Feld möglichst eine Mulde zu suchen und mit geschlossenen Füßen hinzuhocken. Bei einem Blitzeinschlag in der Nähe verteilt sich der Strom über das Erdreich. Steht man mit ausgebreiteten Beinen, kann zwischen den Füßen eine Schrittspannung entstehen – Strom fließt durch den Körper. Die Gefahrenzone befindet sich dem Verband Elektrotechnik zufolge mehr als zehn Meter rund um den Einschlagpunkt, in felsigen Gebieten sei diese noch größer. Felsen sollten in der Hocke nicht berührt werden. Auch sollten sich Menschen in mindestens zehn Meter Abstand voneinander hinhocken und nicht berühren – also auch keine Kinder an die Hand nehmen.

Welche Folgeschäden sind nach Blitzunfällen möglich?

Zu den neuropsychologischen Effekten zählen laut Mediziner Schalke kognitive Einschränkungen. Die Patienten könnten sich oft nicht mehr gut konzentrieren und hätten Gedächtnisprobleme. Die dünnen Nervenfasern im Körper, durch die der Strom geflossen sei, seien irreversibel geschädigt. Eine Folge sei der Verlust des Schmerz- und Temperaturempfindens. „Viele Menschen können nach einem Blitzschlag ihren Beruf nicht mehr ausüben“, sagt der Arzt. Hinzu komme bei einigen Patienten die Schwierigkeit, bei ihrer Versicherung nachzuweisen, dass ihre Krankheiten tatsächlich direkte Folgen des Blitzunfalls seien. Wenn der Strom über die Erde eindringe, gebe es keine Narben auf der Haut.

Verband VDE zu Blitzen