Leerstände und Verwahrlosung: Die Entwicklung der Innenstädte ist eines der wichtigsten Themen aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung. Drei Beispiele, wie das gelingen kann.

Schriftzüge der Stadtnamen als Fotospots, ein Kinderstadtbuch, eine Weinmeile und ein Sandskulpturenfestival: Mit finanzieller Unterstützung des Innenministeriums beleben rheinland-pfälzische Städte ihre Mitte neu. Dabei investieren die Städte auch in Marketing, Strategien und den Internet-Auftritt. 

„Modellvorhaben Innenstadt-Impulse“ heißt das 2021 begonnene Programm, mit dem das Innenministerium nach eigenen Angaben 42 Städte und Gemeinden mit insgesamt mehr als neun Millionen Euro gefördert hat (Stand Ende 2023). Dazu kommt die allgemeine Städtebauförderung, die in diesem Jahr – wie 2023 – wieder mit rund 80 Millionen Euro veranschlagt ist. Die Belebung der Stadtzentren ist eines der großen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Drei Beispiele für geförderte Innenstadt-Impulse: 

Die Wormser Weinmeile und die Belebung der Altstadt 

Worms gibt rund 225.000 Euro Förderung nach Darstellung des Innenministeriums unter anderem für eine Weinprobier-Strecke aus. Dabei gibt es einen Ausschank örtlicher Winzer alle 100 bis 200 Meter. Die Stadt habe auch einen mobilen, sieben Meter breiten und drei Meter hohen Foto-Spot-Schriftzug mit dem Stadtnamen angeschafft, um Leben in die Stadt zu bekommen und in den sozialen Netzwerken Aufmerksamkeit für die Domstadt zu erzeugen. 

Ein Online-Marktplatz erleichtere es Händlern und Unternehmern auch über einen digitalen Vertriebskanal auf ihre Angebote aufmerksam zu machen. 

Eine Reihe verschiedener Aktionstage mit Open-Air-Bühne soll insbesondere samstags Menschen in die Stadt locken. Eine mehrsprachige Altstadtzeitung, ein Kulturfest, die Förderung neuer Graffiti-Wände von renommierten Künstlern und eine Imagekampagne sollen helfen, den Erneuerungsprozess der Altstadt anzustoßen. 

Sogenannte Urban Gardening-Projekte, bei denen Menschen gemeinsam etwas anpflanzen, sollen für mehr Grün in der City sorgen und Menschen zusammenbringen. Das Weltkulturerbe der Schum-Stadt soll mit einem mobilen Besucherzentrum sichtbarer gemacht werden. 

Ob die Ideen fruchten, schaut sich die rund 85.000 Einwohner große Luther- und Nibelungen-Stadt genau an. So wird drei Jahre lang die Passantenfrequenz an unterschiedlichen Punkten gemessen.

Neuwied erarbeitet Strategien und setzt auf Sand und Kürbisse

Neuwied steckt seine bewilligten Fördermittel in Höhe von rund 248.000 Euro in eine Reihe strategischer Planungselemente. Dazu gehören eine Digitalisierungsstrategie für die Innenstadt, eine Machbarkeitsstudie zur Etablierung eines Hotels inklusive Kongresszentrum sowie die Erarbeitung einer Tourismus- und Vermarktungsstrategie. Dafür gab es neben Auftragsvergaben auch zahlreiche Gespräche mit Fachleuten und Workshops in der Kreisstadt mit ihren rund 66.000 Einwohnern.

Das Sandskulpturenfestival im Frühjahr, für das mehr als 50 Tonnen Sand an der Neuwieder Deichuferpromenade abgeladen wurden, gilt als ein Erfolg der Bemühungen, die Stadt attraktiver zu machen. Fünf Skulpturen stellten Wahrzeichen, markante Gebäude und Persönlichkeiten der Stadt dar und wurden nach den Vorstellungen der drei Künstler aus Portugal, der Ukraine und Deutschland gestaltet. Während der zehntägigen Bauphase konnte der Entstehungsprozess mitverfolgt und sich mit den Künstlern ausgetauscht werden. Im Oktober sollen verschiedene Aktionen rund um die Kürbisse im Mittelpunkt zweier Markttage stehen. 

Alzey will grüner und bunter werden 

Mit rund einer Viertelmillion Euro Förderung will die mit 20.000 Einwohnern deutlich kleinere Kreisstadt Alzey grüner werden. Geplant ist die Überspannung der Fußgängerzone mit einer Seilkonstruktiion sowie Rank- und Kletterpflanzen. Sie sollen Schatten, Kühlung und damit eine attraktivere Aufenthaltsqualität bieten. 

Mobile Grünanlagen in Kombination mit Sitzgelegenheiten sollen den Museumsplatz grüner machen. Eine andere Grünfläche soll durch die Neugestaltung des Georg-Scheu-Denkmals schöner werden. Der Winzer lebte von 1879 bis 1949.

Hässliche Häuserwände sollen bunter werden. Dafür sollen nach einer Bestandsaufnahme Vorschläge ausgearbeitet und von Kindern, lokalen Künstlern oder Schülern umgesetzt werden.

Ähnlich wie in der Landeshauptstadt Mainz gibt es auch zusammen mit dem Alzeyer Wochenmarkt ein „Marktfrühstück“. Dafür wurden neben Bierzeltgarnituren, auch Sonnenschirme und Liegestühle angeschafft. Mit dem zum 1.800. Geburtstag der Stadt im November 2023 installierten Schriftzug „(Herz) ALZEY“ wirbt die Stadt – ähnlich wie Worms- im Internet für sich. 

Kinderstadtbuch und Bürgerwochen festigen die Bindung an die Stadt 

Eine Bürgerwoche zur Gestaltung des Zusammenlebens in der Innenstadt hat im Mai unterschiedliche Menschen mit ihren Ideen, Kulturen, Sprachen, Vereinen, Religionsgemeinschaften und Interessen zusammengebracht. Ziel war es auch, so Konflikte, Probleme und Herausforderungen des Zusammenlebens im multifunktionalen innenstädtischen Raum gemeinsam zu lösen, wie das Innenministerium mitteilt.

Ein Kinderstadtbuch soll schon für Sieben- bis Zwölfjährige eine Verbindung mit ihrer Stadt schaffen. Die Stadt will zudem leerstehende Ladeflächen mieten und dort Begegnungsstätten für Kultur, Interessengruppen und Bürger einrichten. So soll der Austausch untereinander und die Entwicklung neuer Ideen gefördert werden.