Die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) hat sich enttäuscht vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform gezeigt. Lindholz kritisierte am Dienstag in den Sendern RTL und ntv, dass das Gericht nicht auch die sogenannte Zweitstimmendeckung gekippt hat. Diese sieht vor, dass Parteien nur die Direktmandate erhalten, die auch durch die Zahl ihrer Zweitstimmen gedeckt sind – und kann dazu führen, dass einige Direktkandidaten trotz des Sieges in einem Wahlkreis nicht im Bundestag vertreten sind.
Lindholz kündigte deshalb an, die Union werde die Wahlrechtsreform im Fall eines Siegs bei der nächsten Bundestagswahl wieder rückgängig machen. „Dass Wahlkreise nicht zugeteilt werden, ist für mich kein dauerhaft akzeptabler Zustand – das müssen wir in der nächsten Legislaturperiode ändern“, sagte die CSU-Politikerin in der Sendung „Frühstart“. Es sei demokratieschädlich, wenn Kandidaten einen gewonnenen Wahlkreis anschließend nicht im Bundestag vertreten dürften. „Wenn man das wegnimmt, dann zerstört es auf Dauer das Vertrauen.“
Die Wahlrechtsreform der Großen Koalition aus der letzten Legislaturperiode sei besser gewesen, weil damit die Zahl der Wahlkreise reduziert worden wäre, sagte Lindholz. Zu diesem Modell sollte zurückgekehrt werden.
Lindholz begrüßte aber, dass das Gericht die von der Ampel-Koalition geplante Aufhebung der Grundmandatsklausel gestoppt hat. „Die Streichung ist verfassungswidrig und das halte ich für richtig.“ Lindholz blieb dabei, die angedachte Abschaffung der Klausel als Wahlrechtsmanipulation zu bezeichnen. „Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht kleine Parteien, regionale Parteien wie auch die CSU damit stärkt.“
Die Grundmandatsklausel sieht vor, dass bei der Sitzverteilung auch Parteien berücksichtigt werden können, die weniger als fünf Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. Voraussetzung soll nach der Entscheidung wie vor der Reform sein, dass die Parteien mindestens drei Direktmandate erzielt haben.
Die CSU-Politikerin kritisierte, dass das Urteil, das eigentlich erst am Dienstagvormittag verkündet werden soll, in der Nacht bereits für kurze Zeit im Internet zu sehen gewesen war. Das stimme sie nachdenklich, sagte Lindholz. Es werde gerade daran gearbeitet, das Verfassungsgericht im Grundgesetz besser zu schützen. „Und dann wird ein Urteil geleakt, bevor Richter das verkünden. Ich finde das sehr unglücklich.“