Was macht man, wenn in der eigenen Garage mehrere prachtvolle, aber Benzin-verschlingende Bentley-Staatskarossen stehen hat und man sie gerne weiter nutzen, gleichzeitig aber seinen guten Ruf als „Öko-König“ nicht verlieren möchte? Der britische Monarch geht neue, kreative Wege in Sachen Klimaschutz.

Diese Woche veröffentlichte das britische Königshaus wieder seinen alljährlichen Finanzbericht. Für den Unterhalt der offiziellen Residenzen wie Buckingham Palast und Windsor Castle sowie Kosten im Zusammenhang mit Repräsentationspflichten erhält der britische Monarch den sogenannten „Sovereign Grant“. Das ist eine jährliche Zuwendung, seit Jahren in Höhe von umgerechnet fast 100 Millionen Euro, die sich aus einem vom Parlament festgesetzten Prozentsatz der Einkünfte aus dem Kronschatz-Vermögen („Crown Estate“) errechnet, welches trotz seines Namens seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr der Krone gehört, sondern dem Staat. 

Der Sovereign Grant Report ist der jährliche Rechenschaftsbericht des Königshauses über die Mittelverwendung der königlichen Haushaltsführung.

König Charles: Benzin aus Wein und Molke

Wie dieser Bericht zeigte, setzt Charles III. jetzt zielstrebig schon lange von ihm gehegte Pläne um, den CO2-Fußabdruck der altehrwürdigen Institution Monarchie deutlich zu verkleinern. Bei seinen Staatskarossen lässt er beispielsweise zwei der Luxuslimousinen im ererbten königlichen Fuhrpark auf Biokraftstoff umrüsten. Persönliche Erfahrungen hat er mit derart alternativ angetriebenen Fahrzeugen schon: Sein privater Aston Martin-Oldtimer läuft seit Jahren mithilfe einer „E85“ genannten Biomasse, einer Kraftstoffmischung aus 85 Prozent Bioethanol und 15 Prozent bleifreiem Benzin, wobei Bioethanol durch die Fermentierung der Zucker- und Stärkebestandteile von pflanzlichen Nebenprodukten gewonnen wird, meist mit Hilfe von Hefe aus Zuckerrohr und Getreide. Es kann aber auch, wie für den königlichen Aston Martin, aus überschüssigem englischen Weißwein und Käse-Molke hergestellt werden – wie Charles selbst 2021 mal in einem Interview mit dem britischen TV-Sender BBC stolz erzählte.

Diese für den Übergang gedachte Umrüstungsmaßnahme verschaffe dem König Zeit, um langfristig ganz auf klimaschonende Elektro-Fahrzeuge umzusteigen, erklärte ein Palastsprecher bei der Vorstellung des Reports. 

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Nutzung erneuerbarer Energien 

Und das ist nicht die einzige Maßnahme, die der bekannt umweltbewusste Monarch seit seiner Thronbesteigung angestoßen hat, um seine Klimaziele zu erreichen.

Er hat außerdem begonnen, Sonnenkollektoren auf Schloss Windsor installieren zu lassen, immer, wenn dort Teile des Dachs erneuert werden müssen. Auch auf dem Gelände seiner Residenz Sandringham befindet sich mittlerweile ein Solarzellenpark im Aufbau, mit rund 2000 Paneelen auf einer großen Weide. Der soll bald das gesamte, 20.000 Hektar große Landgut mit klimaneutraler Energie versorgen. Die Elektrizität für Schloss Windsor wird schon seit Jahren durch ein Wasserkraftwerk mit zwei Turbinen an der nahen Themse erzeugt. Das deckt immerhin 40 Prozent des Strombedarfs für den Stammsitz der Royals. 

Auf seinem privaten Anwesen Highgrove in Gloucestershire gibt es sogar schon seit Jahren Solarzellen auf dem Dach. Charles bewirtschaftet die Farm dort ökologisch und nachhaltig: „Ethisches Management und die Wiederverwertung von Abfallstoffen auf dem ganzen Gut sorgen dafür, dass das Land im Einklang mit der Natur gedeiht“, heißt es auf der Highgrove-Website.

So werden Haus und Nebengebäude durch Biomassekessel mit Holzpellets beheizt. Damit auch die Angestellten in ihren Cottages auf dem Gelände es mit geringem Energieaufwand mollig warm haben, werden Erdwärmepumpen eingesetzt. Was Besucher der für die Öffentlichkeit zu bestimmten Jahreszeiten zugänglichen Gärten aber regelmäßig am meisten in Erstaunen versetzt, ist die royale Bio-Kläranlage: Alle Abwässer von Highgrove fließen in ein speziell dort angelegtes Schilfbeet-Klärsystem, das Schmutzwasser auf natürliche Art filtert, sodass es recycelt und für die Toiletten des Herrenhauses und des Besucherzentrums später wiederverwendet werden kann. Immerhin haben alle diese Maßnahmen mittlerweile schon zu einem dreiprozentigen Rückgang der Erdgas- und Heizungsemissionen im Königlichen Haushalt geführt.

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Königliches Vorbild 

Der König hat sich außerdem schon seit Jahren eine nachhaltigere Lebensweise angewöhnt. So verzichtet er bewusst zweimal die Woche auf Fleisch oder Fisch, an einem Tag ernährt er sich nach eigener Aussage sogar vegan. Derweil kommen Obst und Gemüse für seine und Königin Camillas Mahlzeiten so weit wie möglich aus eigenem Anbau von seinen Öko-Farmen in Highgrove oder Sandringham – und neuerdings auch aus dem schottischen Balmoral: Dort ließ der König den großen Küchengarten in Bezug auf die Wachstumszyklen der Pflanzen so umgestalten, dass jetzt Dank der im Sommer sehr langen, hellen Tage in Schottland neben Kohl, Kartoffeln und Spinat sogar asiatisches Gemüse wie Pak Choi gedeiht. Charles ist bei Gastgebern mittlerweile regelrecht gefürchtet wegen seiner hohen Ansprüche an die Grundprodukte der Dinner, zu denen er eingeladen wird: Was nicht frisch und lokal geerntet wurde, isst er nicht. Oft bringt er sogar große Körbe mit selbstgezogenem Bio-Obst und -Gemüse sowie Honig seiner Highgrove-Bienen zu Wochenendeinladungen mit – denn seinen Morgentee trinkt er mit Milch und Honig.

Problem royale Logistik

Nun konnte der König gerade dieses Jahr angesichts der Krebsdiagnose, die seine Bewegungsmöglichkeiten einschränkte, eines seiner Ziele einer nachhaltigeren Lebensführung nicht verwirklichen, nämlich privat und im Zusammenhang mit seinen öffentlichen Pflichten weniger zu fliegen. In gesundheitlich angegriffenem Zustand war er seit Januar häufiger darauf angewiesen, sich mit dem Hubschrauber zwischen seinen Land-Residenzen und London, wo er wöchentlich zur Chemotherapie-Sitzung erscheinen muss, hin und her transportieren zu lassen.

Aber immerhin wird inzwischen auch für königliche Flüge vermehrt nachhaltiger Treibstoff verwendet. Und wer jetzt denken mag: Charles hat doch einen eigenen Zug, den „Royal Train“, mit dem er klimaschonend reisen könnte, sollte sich vor Augen halten, dass ein einziger Ausflug mit diesem Privatzug nicht unter umgerechnet 30.000 Euro kostet. Außerdem ist es nicht sehr energieeffizient, mit neun Waggons nur für König und Königin und maximal 15 bis 20 ihrer Mitarbeiter und ein paar Sicherheitsleuten auf Reisen zu gehen. Das lohnt sich nur bei Terminen in entlegene Gegenden des Königsreichs, die auch eine oder mehrere Übernachtungen erforderlich machen. Denn im königlichen Zug ist es natürlich bequemer und sicherer, wenn es am Ziel kein angemessenes und gut zu schützendes Hotel für das Königspaar gibt. Auch deswegen sollen laut Finanzbericht im kommenden Jahr zwei neue Hubschrauber für das Königshaus angeschafft werden, die weniger Sprit verbrauchen.

Hohe Einnahmen durch Windparks

Ein gleichzeitig veröffentlichter, separater Bericht des Crown Estate zeigte nun zum ersten Mal die Höhe des Ertrags, der aus dem wachsenden Markt für grüne Energie erzielt wird. Nach Angaben des Berichts stiegen die Gewinne im vergangenen Jahr auf 1,3 Milliarden Euro, was auf die Einnahmen aus sechs Offshore-Windparks vor den Küsten Großbritanniens zurückzuführen ist. Die Einkünfte aus den Windparks kommen aber nur zu einem kleinen Teil der Monarchie, sondern vor allem den Menschen in ganz Großbritannien zugute, nachdem Charles darum gebeten hatte, dass der Großteil der erhöhten Einnahmen für „das Allgemeinwohl“ verwendet wird. Infolge dieser Bitte wird der Anteil der Crown Estate-Gewinne, der für den staatlichen Zuschuss bestimmt ist, von vorher 25 Prozent auf nun 12 Prozent im Jahr 2025-26 sinken, sodass zusätzliche 170 Millionen Euro für öffentliche Projekte Großbritannien zur Verfügung stehen.

„Alle diese Ansätze sind Teil des großen, Plans, um in den kommenden Jahren einen bedeutenden Einfluss auf die Kohlenstoffemissionen Großbritanniens zu nehmen“, auch das betonte der Buckingham Palast letzte Woche bei der Vorstellung seines Finanzreports. Und damit liegt der Klima-König Charles auch ganz im Einklang mit Plänen der neuen britischen Regierung unter Premierminister Sir Keir Starmer. Der verkündete dieser Tage den Abschluss eines großen Deals zwischen dem Unternehmen Great British Energy und dem Crown Estate. Es wird geschätzt, dass die Investitionen der neuen Partnerfirma dem Staat bis zu 20 bis 30 Gigawatt an neuen Offshore-Windkraftanlagen einbringen werden – genug „sauberer“ Strom für das Äquivalent von fast 20 Millionen Haushalte auf der Insel. Vielleicht bleiben davon auch ein paar Kilowattstunden für den berühmtesten britischen Haushalt, den Buckingham Palast übrig, um den CO2-Abdruck der Monarchie weiter zu senken.