Die Werft in Papenburg ist in schweres Fahrwasser geraten – die Existenz des Traditionsunternehmens steht auf dem Spiel. Ein Gutachten bescheinigt ihm nun eine Perspektive.

Die um ihre Existenz kämpfende Papenburger Meyer Werft kann und sollte einem Gutachten zufolge saniert werden. Sie sei demnach grundsätzlich sanierungsfähig und sanierungswürdig, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums in Hannover. Der Bericht eines externen Gutachters ist sowohl für die Vergabe von Bankkrediten erforderlich als auch für eine Bewilligung von Bürgschaften des Landes und des Bundes. 

Die Werft wollte sich zunächst nicht zu dem Gutachten äußern. „Wir wollen zuerst die Belegschaft informieren“, sagte ein Sprecher. Wahrscheinlich werde man am Montag Stellung nehmen.

Das Unternehmen muss zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 mehr als 2,7 Milliarden Euro aufbringen. In dieser Summe ist nach früheren Angaben von Sanierer Ralf Schmitz auch die Erhöhung des Eigenkapitals um 400 Millionen Euro enthalten, die von den Banken verlangt wird. 

In drei Jahren wieder wettbewerbsfähig

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies sprach auf Anfrage von einem zentralen Punkt für den weiteren Weg. Das Gutachten attestiere der Werft eine starke Auftragslage und eine starke Kundenstruktur. Die Produkte des Unternehmens bedienten einen schnell wachsenden Markt und seien sehr begehrt. „Das Ziel lautet, die Werft in den nächsten drei Jahren wieder wettbewerbsfähig am Markt zu machen. Dieses Gutachten liefert die Grundlage dafür“, sagte der SPD-Politiker. 

Anders als bei anderen Sanierungsfällen habe die Meyer Werft kein Problem mit ihrem zukünftigen Geschäftsmodell. Das sei ein wichtiges Signal für die Kolleginnen und Kollegen auf der Werft und bei den Zulieferern. Lies wies aber auch darauf hin, dass in dem Expertenbericht dringende Optimierungspotentiale analysiert worden seien. 

„Es ist Aufgabe des Managements, den inzwischen eingeschlagenen Weg hier nun gemeinsam mit der Arbeitnehmerschaft konsequent weiterzugehen“, sagte Lies. Das Land stehe eng an der Seite der Meyer Werft und ihrer Belegschaft.

Arbeitnehmer sollen eingebunden werden

Das Gutachten zeige deutlich, dass das Geschäftsmodell der Meyer Werft Zukunft habe, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Betriebsratsvorsitzende der Meyer Werft, Nico Bloem. „Bei den Optimierungsprozessen ist für uns die Mitbestimmung sehr wichtig: Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall müssen hierbei eng eingebunden werden.“

Das Gutachten sei eine zentrale Grundlage für die Unterstützung der Werft durch das Land, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner: „Auf Basis des Sanierungskonzepts können Land und Bund die notwendige staatliche Hilfe gewähren, um zeitlich begrenzt das Eigenkapital zu stärken und die Vorfinanzierung der anstehenden Aufträge mit Bürgschaften abzusichern.“

Nachwirkungen der Corona-Pandemie 

Die für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannte Werft steckt in ihrer schwersten Krise ihrer mehr als 200-jährigen Existenz. Die Werft hat derzeit Aufträge bis 2028. Allerdings waren die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe zum Teil vor der Corona-Pandemie abgeschlossen worden.

Wegen des zwischenzeitlichen Einbruchs des Tourismusmarktes waren die Aufträge in Absprache mit den Reedereien zeitlich gestreckt worden. Sie sehen aber keine Anpassung an die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine vor. Die Werft bekommt rund 80 Prozent des Kaufpreises erst bei der Ablieferung und muss den Bau mit Krediten zwischenfinanzieren. 

Restrukturierungskonzept vereinbart

Anfang Juli einigte sich die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat und der IG Metall auf ein Restrukturierungskonzept. 340 der mehr als 3.000 Stellen sollen demnach abgebaut werden. Es sollen ein Aufsichtsrat und ein Konzernbetriebsrat geschaffen und der Unternehmenssitz wieder von Luxemburg nach Deutschland verlegt werden.

Dazu bekannte sich auch die Eigentümerfamilie um Familienpatriarch Bernard Meyer. Dieser hatte 2015 den Unternehmenssitz nach Luxemburg verlagert, um einen in Deutschland notwendigen Aufsichtsrat mit der damit zusammenhängenden Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite zu umgehen. Das Unternehmen will profitabler werden und schätzt die Marktlage als gut ein. 

Negative Auswirkungen über die Region hinaus

Ein Ende der Werft hätte nach der Ansicht von Branchenkennern negative Auswirkungen auf die gesamte Schiffbaubranche in Deutschland. Aber auch für das Land Niedersachsen wären die Folgen enorm: Neben den mehr als 3000 Beschäftigten sind mehr als doppelt so viele Menschen unmittelbar bei Zulieferern tätig, hatte jüngst der regionale Wirtschaftsinteressenverband Ems-Achse mitgeteilt. 

Zwei Drittel von ihnen arbeiten im Emsland, in Ostfriesland und im weiteren Niedersachsen. Mehr als 10.000 Menschen besitzen demzufolge ihren Arbeitsplatz durch den Schiffbau bei der Meyer Werft. Zusammen mit dem Meyer-Besuchszentrum, dem Tourismus wegen der Werft und der Konsumnachfrage der Werftbeschäftigten seien etwa 18 000 Menschen von der Meyer Werft abhängig.