Die Richter in Hannover werten den Tod von zwei kleinen Brüdern bei einem illegalen Autorennen nicht als Mord – doch der Bundesgerichtshof widerspricht. Jetzt muss das Landgericht erneut entscheiden.
Mussten zwei kleine Jungen sterben, weil zwei Erwachsene sich ein verbotenes Autorennen lieferten? Damit muss sich das Landgericht Hannover ab heute (9.00 Uhr) in einem Mordprozess befassen – erneut. Zuvor hob der Bundesgerichtshof das erste Urteil des Landgerichts weitgehend auf – die Hauptangeklagte war zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden, ihr Kontrahent zu vier Jahren.
Ursprünglich waren die beiden heute 41-Jährigen wegen Mordes beziehungsweise Beihilfe zum Mord angeklagt, verurteilt wurden sie wegen unerlaubten Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge.
Die Strafkammer des Landgerichts sah es im April 2023 als erwiesen an, dass die beiden 41-Jährigen mit ihren PS-starken Autos mit bis zu 180 Kilometern pro Stunde nebeneinanderher gerast waren. Erlaubt war auf der einspurigen Straße in der Nähe von Barsinghausen Tempo 70. In einer Kurve verlor die Frau die Kontrolle über ihren Wagen, es kam zu Zusammenstößen mit entgegenkommenden Autos.
Zwei Kinder sterben, mehrere Menschen werden verletzt
Das Auto einer Familie wurde auf einen Acker geschleudert, die ordnungsgemäß angeschnallten zwei und sechs Jahre alten Kinder auf der Rückbank starben. Bei dem Unfall wurden auch mehrere Menschen verletzt, darunter die Eltern der getöteten Jungen.
Mit Anklageerhebung hatte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen die mutmaßliche Unfallverursacherin beantragt. Die Polin wurde am 20. September 2022 nach internationaler Fahndung in Polen festgenommen.
Bundesgerichtshof moniert Rechtsfehler
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil im Februar nach einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung der Frau auch wegen Mordes anstrebte, sowie der Revision der beiden Angeklagten allerdings weitgehend auf.
Das Gericht urteilte, weder die Begründung, mit der das Landgericht einen bedingten Tötungsvorsatz der Hauptangeklagten abgelehnt habe, noch die Beweiswürdigung zum Autorennen seien frei von Rechtsfehlern. Der Fall müsse daher von einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts neu verhandelt werden.
„Der Fall hat die Menschen in Barsinghausen bewegt und tut das weiterhin“, sagte Bürgermeister Henning Schünhof der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Der Tag des Unfalls sei ihm in Erinnerung geblieben, betonte der SPD-Politiker – wegen eines ökumenischen Gottesdienstes aus Anlass des Einmarschs russischer Truppen in die Ukraine. Allerdings sei eine Pastorin nicht zur Predigt erschienen, sagte er. „Sie half als Seelsorgerin an der Unfallstelle.“
Urteil möglicherweise schon am 24. Juli
Am ersten Prozesstag, nun vor einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts, steht die Verlesung der Anklage auf dem Programm. Außerdem wird den beiden 41-Jährigen die Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte nach dieser Planung am 24. Juli gesprochen werden.