Was wird aus dem Bogensee-Areal mit früherer Goebbels-Villa? Tragfähige Konzepte zur Nutzung gibt es nicht – die Gemeinde will aber dranbleiben. Berlin jedenfalls winkt mit Blick auf die Kosten ab.
Die Erschließung des Areals am Bogensee mit der früheren Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels wäre nach Überzeugung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner für Berlin eine Nummer zu groß. Es gehe um ein schwieriges, historisch belastetes Thema, über das seit Jahren diskutiert werde, sagte der CDU-Politiker bei der Gesprächsreihe „Kai Wegner vor Ort“ in Prenzlauer Berg. „Die Erschließung des Gesamtareals würde 300 Millionen Euro kosten. Das ist eine Größenordnung, die wir aus dem Landeshaushalt definitiv nicht stemmen können. Das ist völlig ausgeschlossen.“ Das Areal im brandenburgischen Wandlitz gehört dem Land Berlin.
Der Landkreis Barnim und die Gemeinde pochen auf eine neue Nutzung des historischen Geländes etwa als Ort zur Förderung der Demokratie. Zunächst soll eine Studie die Perspektiven aufzeigen. Die Lokalpolitiker sind zuversichtlich, dass sie dafür auch Fördergelder des Bundesbauministeriums erhalten.
In einer ersten Etappe sei eine eingereichte Projektskizze bereits positiv bewertet worden, hieß es. In einer nächsten Runde muss bis Ende des Jahres ein Antrag auf Bundesmittel gestellt werden. Es geht laut Landkreis um eine Gesamtsumme von 870.000 Euro. Ein Sprecher der Kreisverwaltung teilte zudem mit, dass verschiedene Interessenten für das Areal auf den Landkreis zugekommen seien.
Landrat: Ort für Auseinandersetzung mit dunkler Vergangenheit wichtig
„Gerade mit Blick auf die aktuelle Entwicklung, in der sich demokratiefeindliche Kräfte in zunehmenden Grenzüberschreitungen üben, ist es aus meiner Sicht dringend geboten, Orte zu bewahren, die eine kritische Reflektion mit den dunklen Kapiteln der deutschen Geschichte ermöglichen“, hatte Landrat Daniel Kurth (SPD) vor einer Woche gesagt. Das Land Berlin äußerte sich stets zurückhaltend.
Wegner: Wir werden da nichts machen können
Der Regierende Bürgermeister wies auf das Angebot von Berlins Finanzsenator Stefan Evers von Anfang Mai hin, das Areal notfalls zu verschenken. Wegner sagte, der Bund etwa oder das Land Brandenburg könnten sich gerne engagieren. „Wir selbst als Land Berlin werden da nichts machen können angesichts der Haushaltslage. Wir müssen andere Prioritäten setzen.“
Das rund 17 Hektar große Gelände, auf dem sich Goebbels ein Landhaus bauen ließ, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt und verfällt. Nach dem Ende der NS-Diktatur nutzten die Alliierten das Gelände kurzzeitig als Lazarett. 1946 übergaben die Sowjets dann das Grundstück der Freien Deutschen Jugend (FDJ), die dort eine Jugendhochschule gründete. Berlin erwog, die Gebäude abzureißen und die Flächen zu renaturieren – schon, um die Kosten für Sicherung und Unterhalt zu sparen.
Aus Sicht des Wandlitzer Bürgermeisters Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz) ist das Bogensee-Areal ein bundesweit und international einzigartiger Ort. „Wohl nirgends sonst liegen die Möglichkeiten zur Erinnerung an die NS-Diktatur und das Unrechtsregime der DDR so eng beieinander.“ Äußerungen des Berliner Finanzsenators, das Gelände auch zu verschenken, hatte Borchert als unangebracht und schädlich kritisiert.