Tadej Pogacar liefert seinem Rivalen Jonas Vingegaard bei der Tour einen Vorgeschmack auf die anstehenden Gebirgsetappen. Zweimal attackiert der Slowene. Einmal ist er erfolgreich.
Kurz vor dem Ziel im Wintersportort Superdévoluy fügte Rad-Superstar Tadej Pogacar seinem Rivalen Jonas Vingegaard eine weitere, aber knappe Niederlage bei der 111. Tour de France zu. Es waren nur zwei Sekunden nach dem Sprint-Duell, aber die Botschaft an den dänischen Titelverteidiger war deutlich: Du kommst nicht an mir vorbei. Es war eine Mini-Machtdemonstration vor den anstehenden harten Gebirgsetappen.
„Mit meinem Angriff habe ich etwas Zeit zwischen mich und Jonas gebracht“, sagte Pogacar nach der 17. Etappe am Mittwoch. Er habe mit der instinktiven Attacke am Col du Noyer bloß seine „Beine testen wollen“, um herauszufinden, ob sie in der dritten Woche noch gut seien.
Die Favoriten auf den Gesamtsieg gönnten sich auch auf der leichtesten der letzten vier Alpen-Etappen keine Pause. Pogacar, der bislang fast alles Duelle mit Vingegaard für sich entscheiden konnte, hatte seinen Kontrahenten am schwierigsten Anstieg attackiert. Doch der 27-Jährige konnte den Angriff zunächst parieren. Dann sprintete der zweimalige Tour-Sieger noch einmal kurz vor dem Ziel vor Vingegaard weg.
Ausnahmefahrer Pogacar liegt weiter mit dem komfortablen Vorsprung von 3:11 Minuten vor Vingegaard. Der 25-Jährige hat gute Chancen, am Sonntag in Nizza die Rundfahrt zu gewinnen. Der belgische Zeitfahr-Weltmeister Remco Evenepoel kam vor den beiden anderen Favoriten ins Ziel und machte etwas Zeit gut. Er steht 5:09 Minuten hinter Pogacar auf Rang drei.
Carapaz siegt auf Etappe 17
Nach den zum Ende hin knackigen 177,8 Kilometern zwischen Saint-Paul-Trois-Chateaux und dem Wintersportort Superdévoluy setzte sich der Ecuadorianer Carapaz als Solo-Sieger vor dem Briten Simon Yates und dem Spanier Enric Mas durch. Die verbliebenen sieben deutschen Fahrer spielten keine Rolle unter den besten Fahrern. „Für mich ist es sehr besonders“, sagte der sichtlich erleichterte Carapaz.
Für ihn ist es der erste Tour-Etappensieg der Karriere. Nur beim Giro d’Italia und der spanischen Vuelta waren dem Profi Etappensiege gelungen. 2019 gewann er sogar den Giro. Der Kletterspezialist dürfte sich besonders darüber freuen, da der Gewinner der Goldmedaille von Tokio (2021) von seinem Landesverband nicht für die bald in Paris stattfindenden Spiele nominiert worden war. Jhonatan Narvaez wird stattdessen teilnehmen.
Phil Bauhaus hat den Tagessieg von Carapaz nicht mehr als Teil des Fahrerfelds erlebt. Der Radprofi sagte einen Tag nach seinem zweiten Platz in Nîmes Au Revoir. Wie schon im vergangenen Jahr beendete der 30 Jahre alte Sprinter die Frankreich-Rundfahrt vorzeitig. Am Vortag hatte der Bocholter bekräftigt, dass er bis zum Ende in Nizza dabeibleiben wolle.
„Leicht fällt es nie, nach Hause zu gehen. Er und das Team haben sich hingesetzt und haben beschlossen, dass es die beste Entscheidung ist“, sagte Nikias Arndt, Teamkollege von Bauhaus, der ARD. Einen Tag vor der hügeligen Etappe am Mittwoch hatten die Sprinter die letzte Chance auf einen Tagessieg bei der Tour bekommen.
Girmay im Zwischensprint vor Phiipsen
Zuletzt durften sich vor allem die Gesamtklassement-Fahrer um Superstar Pogacar und die Sprinter auf den einzelnen Etappen in Szene setzen. Die klassischen Ausreißergruppen hatten es in der Zielnähe bis auf wenige Strecken schwer. Die zum Ende hügelige Etappe mit 2850 Höhenmetern in den Alpen lud die Ausreißer förmlich ein. Zum Ende standen drei Bergwertungen der Kategorien drei bis eins auf dem Programm.
Aber dennoch richteten sich die Blicke in der ersten Rennhälfte auf die Sprinter um Jasper Philipsen und den eritreischen Senkrechtstarter Biniam Girmay. Nach dem Sturz von Girmay am Vortag verkürzte Philipsen durch seinen Tagessieg den Abstand auf den Führenden der Sprintwertung im Grünen Trikot auf 32 Punkte.
Beim Zwischensprint knapp 64 Kilometer vor dem Ziel einen Tag später fuhr Girmay aber vor dem Belgier über die Linie. Bis zur letzten Etappe in Nizza gibt es noch drei verbleibende Zwischensprints für die schnellen Fahrer.
Auch am Donnerstag sind die Ausreißer wieder gefragt. Bei fünf kleineren Anstiegen auf der 18. Etappe zwischen Gap und Barcelonnette müssen die Radprofis 179,5 Kilometer bewältigen. Am Freitag und Samstag stehen jeweils zwei harte Alpen-Etappen bevor. Am Sonntag endet die Frankreich-Rundfahrt mit einem Einzelzeitfahren in Nizza.