KI ist das große Thema in der Tech-Welt, jetzt bahnt sich eine spektakuläre Übernahme im Cloud-Geschäft an: Google will eine junge Cybersicherheitsfirma für mehr als 20 Milliarden Dollar kaufen
Wiz – was ist das für ein Unternehmen?
Das Cybersicherheitsunternehmen wurde erst vor vier Jahren gegründet und ist seitdem rasant gewachsen. Wiz bietet Cloud-basierte Cybersicherheitslösungen, mit denen auf Grundlage künstlicher Intelligenz Bedrohungen in Echtzeit begegnet werden kann. Zu den Partnern des Unternehmens gehören Cloud-Anbieter wie Microsoft, Amazon und Google. Laut eigener Darstellung von Wiz sind 40 Prozent der Fortune-100-Unternehmen Kunden des Unternehmens. In Deutschland setzen Unternehmen wie BMW, Siemens und Otto auf die Services des amerikanisch-israelischen Start-ups.
Wer steckt hinter Wiz?
Vier frühere israelische Armeeoffiziere haben die Firma gegründet. CEO Assaf Rappaport und seinen Mitgründern Ami Luttwak, Yinon Costica und Roy Reznik gehören laut dem „Wall Street Journal“ jeweils gut neun Prozent des Unternehmens. Kennengelernt haben sie sich in der „Einheit 8200“ der israelischen Streitkräfte, die für die Cyber-Aufklärung verantwortlich ist und schon einige Firmengründer hervorgebracht hat. Auch die Cybersicherheitsfirma Palo Alto Networks wurde von ehemaligen Angehörigen der Einheit gegründet.
Wiz-CEO Assaf Rappaport ist Mitgründer des Unternehmens
© Steve Vargo / Fortune (CC BY-NC-ND 2.0)
Erfahrungen mit Firmengründungen haben Rappaport und Co. schon mit ihrem ersten Cybersicherheits-Start-up Adallom gesammelt, das sie 2012 gründeten und drei Jahre später für 320 Mio. Dollar an Microsoft verkauften. Danach arbeiteten sie einige Jahre für Microsofts Cloud-Sparte Azure, bevor sie 2020 Wiz aus der Taufe hoben. Ziel war auch hier: ein rasches Wachstum und ein schneller Exit. Das erste ist bereits gelungen: Wiz gehört zu den am schnellsten wachsenden Start-ups der Welt. Und sollte der Exit ebenfalls gelingen, füllen sich auch die Kassen der Gründer.
Warum will Alphabet das Start-up übernehmen?
Die Google-Mutter hat schon lange keine große Übernahme mehr gestemmt. Der letzte spektakuläre Zukauf datiert aus dem Jahr 2012, als sich der Suchmaschinenkonzern für 12,5 Mrd. Dollar die Smartphone-Sparte von Motorola aneignete. Mit den jetzigen Plänen will Alphabet Boden gut machen im Cloud-Geschäft. Google ist hier nur mit großem Abstand die Nummer drei hinter Amazon und Microsoft.
Mit den Sicherheitslösungen von Wiz könnte Google vor allem Microsoft näher rücken. Die Cloud-Sparte des Softwareriesen wurde im Sommer 2023 Opfer von Hackern – mutmaßlich aus China – die sich Zugriff auf die Daten verschiedener Regierungsbehörden verschafft hatten. Die Untersuchung der US-Cybersicherheitsbehörde CISA endete mit einem katastrophalen Urteil für Microsoft, das den Hackerangriff nicht einmal selbst bemerkt habe. Der Konzern solle sich bei seinem Cloud-Dienst auf die Sicherheit konzentrieren, lautet die Empfehlung.
Angesichts der zunehmend von geopolitischen Bedrohungen geprägten Weltlage wird Datensicherheit zu einem wichtigen Feature für Firmen, Organisationen und Behörden, die auf Cloud-Services setzen. Mit Wiz hätte Google hier ein wichtiges Verkaufsargument in der Hand. Außerdem wäre es für den Suchmaschinenkonzern ein Schritt, um sich unabhängiger zu machen von den Einnahmen aus dem Werbegeschäft im Internet.
Welcher Preis ist für Wiz im Gespräch?
Dem „Wall Street Journal“ zufolge soll der Preis für Wiz bei 23 Mrd. Dollar liegen. Die angestrebte Transaktion solle größtenteils in bar abgewickelt werden und könne schon bald zustande kommen, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Insider. Das Unternehmen sammelte bei einer Finanzierungsrunde im Mai 1 Mrd. Dollar ein. Dabei wurde Wiz insgesamt mit 12 Mrd. Dollar bewertet. Google bietet also fast das Doppelte für das Start-up.
Woran könnte die Übernahme scheitern?
Die Gespräche befänden sich in einem fortgeschrittenen Stadium, berichten das „Wall Street Journal“ und Reuters. Aber natürlich können sie auch noch scheitern. Doch auch wenn es zu einem Abschluss kommen sollte, gibt es noch ein Hindernis zu überwinden. Die US-Regierung ist unter Präsident Joe Biden schärfer als seine Vorgänger gegen den Internetkonzern vorgegangen. Im vergangenen Jahr begann ein Kartellprozess gegen Google: Das US-Justizministerium wirft dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung bei der Internetwerbung zu missbrauchen. Auch in Europa ist der Konzern immer wieder Gegenstand kartellrechtlicher Untersuchungen.
Ob sich der Wind zugunsten des Internetriesen ändert, bleibt abzuwarten. Wenn Donald Trump die Wahl im November gewinnt, könnten die Karten neu gemischt werden. Der Republikaner gilt als wirtschaftsfreundlicher.