Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ stimmt SAP-Chef Christian Klein raue Töne an. Der Softwarekonzern brauche eine andere Feedback-Kultur, Arbeitsleistung würde bald genauer bewertet, es soll weniger Homeoffice geben. Die Mitarbeiter reagierten zuletzt eindeutig.
In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) äußerte sich SAP-Chef Christian Klein zur aktuellen digitalen Transformation und seinen Plänen für das Unternehmen. Umstrittene Neuerung im Walldorfer Softwarekonzern: ein System zur Bewertung von Arbeitsleistung, das Mitarbeiter in „Performer“, „Achiever“ und „Improver“ einteilt.
„Performer“ leisten überdurchschnittlich und sollen besonders von Bonuszahlungen profitieren. „Achiever“ erfüllen die Erwartungen des Konzerns – nicht mehr und nicht weniger. „Improver“ sind quasi Minderleister und müssen sich verbessern.
„Wir wollen in erster Linie, dass sich Manager mit ihren Mitarbeitern zusammensetzen und über die Leistung sprechen: Wo sind wir auf einem guten Weg, und wo gibt es Dinge, die sich verbessern lassen?“, sagte Klein dazu in der SZ. Das sei bei SAP ein bisschen zu kurz gekommen in den letzten Jahren, so der Vorstandsvorsitzende.
Weitere Baustellen seien ein Kulturwandel hin zu offenem Feedback und die Notwendigkeit einer digitalen Transformation. Im Fokus der geplanten Veränderungen bei SAP steht aber das neue Bewertungssystem. Dies soll nach einer Testphase im Topmanagement ab 2025 auf die gesamte Belegschaft ausgeweitet werden.
Unbeschränktes Homeoffice fänden viele „gar nicht so toll“
Mit dem neuen Kurs verfolgt Klein ein klares Ziel: „Es geht mir um die Offenheit, jedem Mitarbeiter zu sagen, wie er besser werden kann.“ Wenn alle sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, bringe das niemanden weiter. „Ich könnte natürlich sagen, wir machen 100 Prozent Home-Office, wir machen kein Performance-Feedback, jeder bekommt das gleiche Gehalt. Aber davon hätte ich nichts, und auch die SAP nicht. Es gibt auch viele Menschen im Unternehmen, die das gar nicht so toll finden würden.“
Zuletzt hatte die Mitarbeiterzufriedenheit bei SAP abgenommen – wegen des Bewertungssystems und einer neuen Regelung, drei Tage in der Woche ins Büro zu kommen. „Ich mache mir natürlich nichts vor – unsere Restrukturierung wird hart“, so Klein in der SZ. „Aber wir müssen abwägen, was das Beste für das Unternehmen ist.“ Wenn die Mitarbeiterzufriedenheit kurzfristig abnehme, sei das ist nicht schön, aber es sei der Preis für richtige Entscheidungen und die Zukunftsfähigkeit von SAP.
Grund für die Missstimmung war in den letzten Jahren auch Kleins Strategiewechsel hin zu Cloudtechnologie als Grundlage der SAP-Systeme. „Dafür musste ich sehr viel Kritik einstecken. Vier Jahre später sehen wir, dass der Weg der richtige ist. Der Aktienkurs ist inzwischen auf einem historischen Höchststand“, äußerte sich Klein gegenüber der SZ.
Aktuell gehe es bei SAP um das Thema generative künstliche Intelligenz. Im Zuge dessen betonte Klein den Bedarf an jungen Talenten und digitalen Experten im Unternehmen und die Notwendigkeit, weiterhin junge Talente auszubilden und zu rekrutieren.
SAP-Chef Klein sieht großes Potenzial bei KI
Außerdem äußerte sich der SAP-Chef zu den protektionistischen Tendenzen weltweit und den Herausforderungen, die daraus für SAP entstehen. Unter anderem betonte er die Notwendigkeit, auch aufgrund geopolitischer Spannungen neue Lösungen zu finden, wie SAP-Kunden ihre Lieferketten weltweit abbilden können.
Abschließend betonte Klein das Potenzial künstlicher Intelligenz (KI) für SAP. Er erwähnte unter anderem die Entwicklung des digitalen Assistenten „Joule“, der die Arbeit der Entwickler unterstützt und einen großen Produktivitätsschub darstellt. Hier sieht er zukünftig noch großes Potential, auch im Bereich der Simulierung.