Viele Eltern streben laut einer Untersuchung eine progressive Aufteilung von Arbeit und Kindererziehung an. Doch in der Realität fallen viele in alte Rollenmodelle zurück. Warum?

 

Bei der Aufteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit in Partnerschaften klaffen laut einer Studie Wunsch und Wirklichkeit teils weit auseinander. Das zeigt eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Grundlage war das Familiendemografische Panel „FReDa“ (2021) mit 30.000 Befragten in Deutschland im Alter zwischen 18 und 49 Jahren.

Demnach würden deutlich mehr Frauen und Männer ein Modell bevorzugen, bei dem beide Elternteile etwa 30 Stunden pro Woche arbeiten. Auch ein Modell, bei dem beide einen Vollzeitjob haben, „wird häufiger als ideal erachtet, als es gelebt wird“, hieß es. Umgekehrt verhält es sich bei Aufteilungen, bei denen der Vater voll erwerbstätig ist und die Mutter gar nicht oder höchstens in Teilzeit. „Diese beiden Erwerbskonstellationen werden deutlich seltener als ideal angesehen, als sie in der Realität vorkommen“, erklärte Mitautorin Elena Ziege. BiB-Direktorin C. Katharina Spieß ergänzte: „Die Einstellungen zur Arbeitsteilung bei Paaren mit Kindern weichen immer noch stark von der gelebten Wirklichkeit ab.“

Unterschiede zwischen Ost und West

Dabei gibt es laut Studie in Ostdeutschland mehr Zustimmung für gleich verteilte Arbeitszeiten. Vor allem eine Vollzeiterwerbstätigkeit beider Elternteile wird hier mit je nach Alter des Kindes bis zu 62 Prozent deutlich häufiger befürwortet als im Westen mit bis zu 38 Prozent. Zwar setzen erheblich weniger Eltern dieses Modell letztlich um, mit bis zu 43 Prozent in Ostdeutschland aber mehr als im Westen mit maximal 16 Prozent. 

Das Modell mit jeweils 30 wöchentlichen Arbeitsstunden von Vater und Mutter sehen im Osten der Studie zufolge bis zu 30 Prozent als ideal an – und im Westen bis zu 27 Prozent. In Wirklichkeit spielt es in beiden Landesteilen mit einem Anteil von höchstens sechs Prozent an allen Jobaufteilungen in Partnerschaften aber kaum eine Rolle.

Einfluss von Ehegattensplitting und Minijobs

Ein wichtiger Grund für die Abweichung von einer gleichberechtigten Aufteilung von Arbeit und Kinderbetreuung ist laut Katharina Wrohlich vom DIW das Zusammenspiel von steuerlichem Ehegattensplitting, Minijobs und beitragsfreien Mitversicherungen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Hinzu komme der tendenzielle Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. All das macht nach den Angaben ein „Zuverdienermodell“, bei dem der Mann in Vollzeit arbeitet und die Frau einen Minijob hat, beim Nettoeinkommen pro Arbeitsstunde finanziell am attraktivsten. 

Neben einer Reform des derzeit in Politik wieder diskutierten Ehegattensplittings und einer weitgehenden Abschaffung von Minijobs müssten laut BiB-Direktorin Spieß vor allem mehr Kitaplätze geschaffen und der Ausbau der Ganztagsgrundschulen beschleunigt werden.