Zwei Alpmeister stehen wegen des Ausbaggerns eines Allgäuer Wildbachs vor Gericht. Sie sollen für einen Umweltskandal verantwortlich sein. Im Fokus des ersten Prozesstages steht aber ein Aktenvermerk.
Zwei Alpmeister, die durch Arbeiten an einem Wildbach im Rappenalptal in Oberstdorf vor rund zwei Jahren einen Umweltskandal ausgelöst haben sollen, schweigen vor Gericht zu den Vorwürfen. Den beiden Männern droht eine Haftstrafe, die Staatsanwaltschaft wirft ihnen in dem Prozess vor dem Landgericht Kempten vorsätzliche Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete und vorsätzliche Gewässerverunreinigung vor. Am ersten Prozesstag kritisierte der Richter einen Aktenvermerk des Landratsamts Oberallgäu scharf, durch den die Bauarbeiten an dem Allgäuer Bergbach möglicherweise als genehmigt angesehen werden konnten.
Die Baggerarbeiten lösten einen landesweiten Umweltskandal aus, der sogar den Landtag beschäftigte. Laut Anklageschrift wird dem 59-Jährigen und dem 64-Jährigen vorgeworfen, den streng geschützten Rappenalpbach massiv zu seinem Nachteil verändert zu haben. Eine teilweise Kanalisierung und der Bau hoher Dämme habe massive Auswirkungen auf die Natur gehabt: Der geschützte Bach habe nach den Maßnahmen unter anderem nicht mehr über die Ufer treten, sich verzweigen oder Inseln bilden können – zum Nachteil verschiedener Biotoptypen. Die entstandenen Schäden sollen die Angeklagten vorhergesehen und in Kauf genommen haben. Zu diesem Vorwurf gaben die Bergbauern aber keine Stellungnahme ab.
Unwetter löste vor zwei Jahren die verhängnisvollen Bauarbeiten aus
Seinen Anfang nahm der Umweltskandal mit einem Unwetter im Sommer 2022. Es hatte auf den Ufergrundstücken Schäden verursacht. Die Flächen gehören zwei Alpgenossenschaften, für die die Beschuldigten verantwortlich sind. Geröll und Kies wurden durch den Sturm auf die Weideflächen neben dem Bach gespült und Uferböschungen unterspült.
Daraufhin kam ein Vertreter des Landratsamts vor Ort, um Wiederherstellungsmaßnahmen zu besprechen. Der Behördenvertreter sah Arbeiten an dem Gewässer als wünschenswert und verfasst daraufhin einen Aktenvermerk. Nachdem Beginn der Baggerarbeiten verhängte das Landratsamt aber einen Baustopp.
Der Umfang der Arbeiten sei über das Vereinbarte hinaus gegangen. Es folgten Schuldzuweisungen zwischen Alpbauern und Amt. Das Verwaltungsgericht sah in einem Verfahren Fehler auf beiden Seiten. Älpler und Behörde einigten sich in dem bereits abgeschlossenen Verwaltungsverfahren darauf, die Renaturierungsarbeiten am Rappenalpbach gemeinsam zu finanzieren.
Hat das Landratsamt sich missverständlich ausgedrückt?
Der Richter der Strafkammer nahm den Aktenvermerk des Landratsamts am ersten Prozesstag förmlich auseinander. Das Dokument sei „allgemein gehalten“ und die bewilligten Arbeiten nicht auf punktuelle Maßnahmen beschränkt. Ein Leser könne durchaus den Eindruck gewinnen, dass das Schriftstück Arbeiten auf der gesamten Länge von 1,6 Kilometern billige. Dass der Mitarbeiter der Behörde nur einen Ortsbesuch im Rappenalptal vorgenommen und einen Baustopp später zunächst nur mündlich verhängt hatte, stand ebenfalls in der Kritik.
Der Behördenmitarbeiter sagte als Zeuge aus, dass der umstrittene Aktenvermerk eine grobe Zusammenfassung des Ortstermins sei, der nicht alle besprochenen Informationen enthalte. Im Nachgang sei ihm selbst klar geworden, dass das Dokument deshalb für Personen, die beim Treffen nicht dabei gewesen seien, missverständlich sein könne.
Das Landgericht hat für den Prozess fünf Verhandlungstage geplant, ein Urteil könnte demnach am 9. August verkündet werden.