Brandenburg hat zu wenige Lehrer: Schüler, Lehrer, Eltern und Experten warnen vor drastischen Auswirkungen. Bildungsminister Freiberg setzt auf einen Mix von Maßnahmen.
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg zeigt sich trotz des Lehrermangels zuversichtlich für das kommende Schuljahr – denn mehrere Maßnahmen laufen. „Wir haben schon eine erhebliche Anzahl an Kolleginnen und Kollegen gewinnen können“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Er betonte: „Ja, das geht nicht ohne Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, in ganz Ostdeutschland ist das so.“ Die genaue Zahl der fehlenden Lehrkräfte wird voraussichtlich erst kurz vor Beginn des neuen Schuljahres bekannt. Freiberg verwies aber auf mehrere laufende Maßnahmen wie das Programm 63+ zur Weiterbeschäftigung von Lehrkräften, eine neue Kampagne zur Lehrersuche und auf das Landlehrerstipendium.
Angesichts des Lehrermangels rechnen Eltern- und Schülervertretungen mittelfristig mit drastischen Auswirkungen auf die Bildungsqualität an Brandenburger Schulen. „Mit den derzeitigen Maßnahmen ist davon auszugehen, dass 2030 nur die Hälfte der Stellen für Lehrkräfte an den Schulen des Landes Brandenburg mit vollständig ausgebildeten Lehrkräften besetzt sein wird“, hieß es in einer Mitteilung des neu gegründeten Bündnisses „Gemeinsam für eine Schule mit Lehrkräften!“. Der Minister hält Seiteneinsteiger weiter für notwendig. „Ich verstehe den Hinweis, aber wir können auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nicht verzichten“, sagte Freiberg.
Bündnis: Immer mehr Lehrer überlastet
Aktuell absolvierten rund 400 Lehramtsstudierende jährlich ihr Studium, erklärte das Bündnis. Demgegenüber stünden rund 1700 jährlich notwendige Neueinstellungen für den Lehrbetrieb. „Uns erreichen immer mehr Klagen überlasteter Lehrkräfte“, sagte Hartmut Stäker, Präsident des Brandenburgischen Pädagogen-Verbandes. Sie „können nicht dauerhaft die Seiteneinsteiger coachen oder für Zwei arbeiten.“ Das Bündnis will in den kommenden Monaten einen Maßnahmenkatalog vorlegen.
Die aktuelle Größenordnung von Lehramtsabsolventen reiche vorn und hinten nicht, um dem Bedarf gerecht zu werden, führte das Bündnis aus Lehrern, Eltern, Schülern und Studierenden aus. „Teilweise werden Studierende als Klassenleitungen eingesetzt, einige Kinder können beim Übergang in die weiterführenden Schulen keine Schreibschrift. Über lange Zeit werden Klassen zusammengelegt oder mehrere Klassen von einer Lehrkraft betreut, ohne dass unterrichtet wird“, erklärte die Sprecherin des Landeselternrats, Ulrike Mauersberger.
Minister: Neues Programm wirkt erstmals
Das Programm 63+ für ältere Lehrkräfte wirkt nach Angaben des Ministers das erste Mal zum kommenden Schuljahr. „Ich weiß, dass eine dreistellige Zahl an Kolleginnen und Kollegen mit den staatlichen Schulämtern in Kontakt ist“, sagte Freiberg. „Das ist in unseren Prognosen noch nicht enthalten.“ Er betonte: „Wir sind zuversichtlich, dass wir auch eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen gewinnen können, die sich aufgrund dieser neuen Möglichkeiten bereiterklären, ab dem 1.8. länger im Schuldienst zu bleiben.“ 257 Beschäftigungsangebote seien nach aktuellem Stand für das nächste Schuljahr ausgeschrieben. „Das Schuljahr 23/24 haben wir begonnen mit rund 540 Stellenangeboten.“
Der Bildungsminister zog unter dem Strich eine positive Bilanz des Schuljahres. „In Brandenburg gibt es keine Zeugnisse, auf denen steht: Die Note wurde nicht erteilt, weil der Unterricht nicht erteilt wurde. Der ersatzlos ausgefallene Unterricht ist trotz der Herausforderungen in diesem Schuljahr mit 2,5 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres geblieben und ist nicht größer geworden. Das ist ein Verdienst der Lehrerinnen und Lehrer.“ Im Winterhalbjahr entsprachen die 2,5 Prozent laut Ministerium rund 172.000 ersatzlos ausgefallenen Stunden.
Am Mittwoch, dem letzten Schultag vor den Sommerferien, bekommen mehr als 316.700 Schülerinnen und Schüler an 938 Schulen in Brandenburg ihre Zeugnisse.