Mit zwei neuen Modellen will Sportuhren-Pionier Polar zum Start in die Laufsaison angreifen. Pacer und Pacer Pro sollen Einsteiger und erfahrene Läufer gleichermaßen beim Training begleiten. Smarte Allrounder. Ohne Schnickschnack. Kann das klappen?
Vor ziemlich genau 40 Jahren präsentierte der finnische Firmengründer Seppo Säynäjäkangas den Polar „Sport Tester PE2000″, das weltweit erste drahtlose Herzfrequenz-Messgerät. Ohne Zweifel ein Gerät, das den Sport auf fast allen Leistungsebenen revolutionierte und bis heute prägt. Längst ist der Sportuhr-Pionier aber nicht mehr allein am Markt und die Uhren, die Läufer:innen heutzutage in Training und Wettkampf am Handgelenk tragen, haben mit dem klobigen Prototypen aus den 1980ern im Grunde nichts mehr zu tun.
Es sind kleine Computer, die neben elementar wichtigen Infos wie Herzfrequenz und Trainingszeit noch Dutzende weitere Daten erfassen und ausspucken. Sie geben Trainingstipps, analysieren den Schlaf und treten ihren Träger:innen auch mal in den Hintern (natürlich nur im übertragenen Sinne), wenn der innere Schweinehund das Zepter übernommen hat. Womit wir schon beim Thema wären: Polar drückt pünktlich zum Start der Laufsaison 2022 aufs Tempo und baut zwei Jahre nach der Polar Grit X sein Portfolio weiter aus.
Wir haben die Laufschuhe geschnürt, uns vorbildlich aufgewärmt und den neuen Polar Pacer Pro etwas genauer unter die Lupe genommen.
Eine GPS-Uhr ohne Schnickschnack?
Ich möchte vorwegschicken, dass ich in Sachen (GPS)-Sportuhren eher der pragmatische Typ bin. Ein digitaler Coach am Handgelenk ist wichtig. Finde ich. Auch und gerade Einsteiger sollten definitiv über einen smarten Helfer nachdenken. Die Krux und mein Problem mit aktuellen GPS-Sportuhren: Sie sind bis unters Farbdisplay vollgestopft mit Menüs und Funktionen. Und die, davon bin ich fest überzeugt, können einen normal sterblichen Hobbyläufer (davon gibt es in Deutschland sehr viele) mehr verwirren, möglicherweise sogar verunsichern, als sie ihm beim Training helfen.
Genau das will Polar bei seinen beiden neuen Modellen vermeiden. Auf Läuferinnen und Läufer aller Leistungsklassen zugeschnitten, sollen Pacer und Pacer Pro sein. Und: Man habe sich „ganz ohne Schnickschnack“ auf das Wesentliche konzentriert, so die Finnen bei der offiziellen Vorstellung. Wow! Genau das suche ich schon seit vielen Jahren. Doch Moment. Was genau ist das Wesentliche? Wo hört es auf und wo fängt Nice-to-have an? Das ist wie so häufig im Leben Ansichtssache.
Altbewährtes Know-How mit einigen neuen Details. Die Polar Pacer Pro.
© Jan Sägert / stern.de
Der Test
Auch hier möchte ich etwas vorwegschicken: Aus Zeitgründen habe ich mich beim Testen des Polar Pacer Pro auf die Kernkompetenzen des Geräts und einige wenige smarte Funktionen fokussiert. Die Uhr kann deutlich mehr. Ob man das alles braucht. Naja, Sie wissen schon.
Ein pfiffiger Coach sollte seinen Schützling möglichst gut kennen. Für das erste Date müssen beim Pacer und beim Pacer Pro also zunächst einige persönliche Angaben eingetippt werden. Am bequemsten klappt das mit der Polar eigenen Flow-App, die es kostenlos im App-Store zum Download gibt. Größe, Gewicht, Alter, aktuelles Trainingspensum und die Schlafzeit. Vor dem ersten Läufchen noch ein Blick auf die Uhr selbst. Der Pacer Pro schlägt inklusive Armband mit schlanken 41 Gramm zu Buche. Damit ist er beachtliche zehn Gramm leichter als der beliebte M430, die Vantage M und V2. Das Armband kommt in außen leicht angerautem Silikon, der farblich angepasste Edelstahlverschluss macht einen edlen Eindruck.
Schöne Idee: Der kleine Silikonstift an der Innenseite des zweiten Sicherheitsbands zum Fixieren des Armbands. Einfach am Ende des Armbands in ein Loch drücken. Hält wunderbar. Ein kleines, aber feines Extra. Im Vergleich zum schwarzen, eher schmucklosen Gehäuse des M430 spendierte Polar der neuen Pacer Serie zudem einen sportlich-eleganten und alltagstauglichen Rahmen. Das schick gebürstete Edelstahlgehäuse gibt’s in vier pastelligen Tönen (für Sie und Ihn). In unserem Fall coachte ein Modell in Midnight Blue.
Polar Pacer und Pacer Pro: Die technischen Daten
Polar PacerPolar Pacer ProGewicht40 Gramm (23 g ohne Armband)41 Gramm (23 g ohne Armband)Akku-Laufzeit
Trainingsmodus: bis zu 35 Stunden
Uhrenmodus: bis zu 7 Tage
Trainingsmodus: bis zu 35 Stunden
Uhrenmodus: bis zu 7 Tage
Displaygröße
45 cm Durchmesser
Auflösung: 240×240 px
45 mm Durchmesser
Auflösung: 240×240 px
Akku273 mAh (Lithium-Polymer)273 mAh (Lithium-Polymer)Armband
Silikon/Edelstahl
Größe S und M/L (130-210 mm Handgelenksumfang)
Silikon/Edelstahl
Größe S und M/L (130-210 mm Handgelenksumfang)
kompatible Appsz.B. Polar Flow, Strava, Training Peaksz.B. Polar Flow, Strava, Training Peaks, MyFitnessPal FarbenLavendel, Schwarz, Weiß, BlauCarbon Grey, Midnight Blue, Autumn Maroon, Aurora Green, Snow WhiteUVP199 Euro299 Euro
Bewährte Feature hat Polar bei Pacer und Pacer Pro übernommen. Zwei Tasten links, drei Tasten rechts. Das kennt der geübte Polar-Nutzer. Für „Super-Grip“ sollen – wie schon beim Vantage V2 – die kleinen Rillen auf der Oberfläche der Knöpfe sorgen. Auch beim Non-Touch-Display bleibt Polar seiner Linie treu. Zwischenzeiten können also weiter erfasst werden, ohne auf das kleine Display schauen oder gar drücken zu müssen. Auch sonst ist die Bedienung der Uhr gewohnt intuitiv. Wer zum ersten Mal zu einer GPS-Sportuhr aus dem Hause Polar greift, sollte sich vor der Trainingspremiere aber mit dem (sehr umfangreichen) Handbuch beschäftigen.
Die Auswertung der Polar Pacer Pro Trainingsdaten am PC ist noch etwas ausführlicher. Hier bleiben kaum Wünsche offen.
© Jan Sägert / stern.de
Beim Lauf selbst kann zwischen verschiedenen, allesamt übersichtlichen und auch bei starker und direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbaren, Anzeigen gewählt werden. Einsteiger dürften mit dem Standard-Display zunächst am besten klar kommen. Hier gibt’s das aktuelle Tempo, die absolvierte Laufstrecke, den Puls und die Gesamtlaufzeit auf einen Blick. That’s it. Ebenfalls berechnete Watt-Werte, Details zu Auf- und Abstieg oder der Kompass können reine Hobbyathleten aus unserer Sicht getrost ignorieren.
Auffällig unauffällig: GPS und Herzfrequenz
Noch einmal zurück zum Altbewährten: Die Herzfrequenz berechnen die verbesserten Chips in Pacer und Pacer Pro über den Blutstrom unter der Haut. Genauer gesagt übernehmen das neun an der Unterseite verbaute LEDs. Vier weitere Sensoren analysieren den Hautkontakt und nehmen zudem den Magnetclip auf, über den die Uhren aufgeladen werden. Das funktionierte bei uns sehr zuverlässig. In deutlich unter zwei Stunden war der nach sieben Tagen noch nicht ganz leere Akku (ca. 10%) wieder voll einsatzbereit.
Dass die Herzfrequenzmessung am Handgelenk leicht verzögert und etwas sprunghaft auf dem Display landet, ist der Technik geschuldet und bekannt. Für die allermeisten Läufer:innen ist das aber präzise genug und reicht vollkommen aus. Wer sein Training genauer und zielsicherer steuern will, kommt um den zu Pacer und Pacer Pro passenden Brustgurt nicht herum. In unserem Test wurde die Herzfrequenz zuverlässig erfasst und angezeigt. Läufer:innen mit kleineren Handgelenken dürfen sich freuen: Polar liefert Pacer und Pacer Pro mit Armbändern in zwei verschiedenen Längen.
Nur eine von vielen Zusammenfassungen der absolvierten Trainings in der Polar Flow App.
© Jan Sägert / stern.de
Auch die GPS-Ortung gab sich in unserem Test keine Blöße. Musste man früher gern mal noch einige Minuten auf ein Satellitensignal warten, kann es heute binnen Sekunden losgehen. Im Fall der neuen Pacer-Serie soll das Gehäuse das Signal verstärken. Unterstützt wird das Global Positioning System (GPS) zudem von einigen weiteren Satellitendiensten.
Das Fazit
Im Jahr 2022 mit einer GPS-Laufuhr den ganz großen Wurf zu laden, ist so gut wie unmöglich. Und trotzdem: Das neue Pacer-Duo der Finnen glänzt mit altbewährter Polar-Technik. Haptik, Akkulaufzeit und das Display lassen kaum Wünsche offen. Das Gehäuse ist im Vergleich zu einigen Vorgängern deutlich wertiger. Mit nur 40 Gramm Gewicht trägt sich die Polar Pacer Pro sehr angenehm und unauffällig. Klarer Pluspunkt. Die Anzeigen sind aufgeräumt und übersichtlich. Die Bedienung ist auch für Laufuhr-Neulinge intuitiv und selbst unter Belastung schnell gelernt. Auch die umfangreiche und schnelle Auswertung der verschiedenen Metriken mittels Polar Flow App (mobil oder am PC) hat uns überzeugt.
Datenseitig hat Polar beiden Uhren verschiedene neue Leistungs-Tests spendiert. Aus unserer Sicht besonders spannend: ein einfacher Walking-Test, der anhand von Tempo und Herzfrequenz den allgemeinen Fitnesszustand ermitteln kann. Das ist besonders für Lauf-Anfänger:innen interessant. Inwiefern man hier eine neue Zielgruppe abholt, muss sich zeigen. Kurzum: Die neue Polar Pacer Serie macht eine gute Figur und kommt insgesamt mit etwas weniger Schnickschnack aus als andere Modelle. Für Einsteiger ist der Pacer (ab Mai 2022) mit seiner UVP von knapp 200 Euro deshalb ein attraktiver Deal. Eine Schippe extra gibt’s beim Pacer Pro für 100 Euro mehr. Aus unserer Sicht ein klarer Fall für ambitionierte Läufer mit ausgeprägtem Interesse an ausführlichen Statistiken.
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