Das Bundesinnenministerium hat das rechtsextreme „Compact“-Magazin verboten. Die Monatszeitschrift gilt als eines der größten und einflussreichsten Sprachrohre der Neuen Rechten.
Als „harten Schlag gegen die rechtsextremistische Szene“ bezeichnet das Bundesinnenministerium das Verbot des „Compact“-Magazins. „Nancy Faeser hat heute die rechtsextremistische ‚COMPACT-Magazin GmbH‘ sowie die ‚CONSPECT FILM GmbH‘ verboten“, heißt es in der Mitteilung der Behörde weiter. Schon Ende 2021 stufte das Innenministerium „Compact“ als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. In den vergangenen Jahren fiel das Blatt immer wieder durch reißerische Titel und Beiträge auf, die als minderheitenfeindlich, antisemitisch und oder völkisch-nationalistisch bewertet werden können. Das nun verhängte Verbot kommt dennoch für viele Szenebeobachter überraschend. Was ist „Compact“ für ein Magazin? Wer ist sein Chefredakteur Jürgen Elsässer? Und warum wurde es verboten?
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist das „Compact“-Magazin?
Das „Compact„-Magazin entstand aus der gleichnamigen Buchreihe von Jürgen Elsässer. Im Dezember 2010 erschien die erste Ausgabe der monatlichen Zeitschrift. Anfangs wenig beachtet profitierte das Blatt maßgeblich vom Aufstieg der AfD und anderer rechter Bewegungen wie Pegida. „Compact“ wurde dabei zum Inbegriff und Vorbild sogenannter alternativer Medien. Pegida und andere marschierten in den Straßen, „Compact“ lieferte die positive Berichterstattung. Populistisch und stark vereinfachend war das Magazin schon von Beginn an. Wirklich öffentlichkeitswirksam wurde es jedoch ab den Jahren 2015/2016.
So wie die Stimmung auf fremdenfeindlichen Demonstrationen immer rauer wurde, wurden auch die Inhalte in der Zeitschrift radikaler. Entgegen des allgemeinen Trends auf dem Zeitschriftenmarkt wuchs die Auflage des gedruckten Hefts. Laut eigenen Angaben erreichte sie in Hochzeiten 80.000 Exemplare, wovon knapp die Hälfte verkauft wurde. Compact Presserecht 10.34
In den Artikeln schimpften die Autoren über die „Islamisierung“ Deutschlands, die Regierung von Angela Merkel und die „Lügenpresse“. Durchweg gut besprochen wurden dagegen die AfD und andere rechte Strömungen, genauso wie autoritäre Staatschefs wie Wladimir Putin oder Viktor Orban. Im Laufe der Zeit radikalisierte sich der Ton im Heft immer weiter. Zunehmend wurde kritisiert, das Magazin verbreite antisemitische, rassistische und verschwörungstheoretische Inhalte.
Ab März 2020 wurde „Compact“ vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführt und beobachtet – zeitgleich mit dem damaligen „Flügel“ der AfD um Björn Höcke.
Wer ist Jürgen Elsässer?
Der Chefredakteur des „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, hat eine lange Reise hinter sich: von ganz links nach ganz rechts. Der Journalist und Publizist schrieb in jungen Jahren für linke Magazine wie „Jungle World“ oder „Neues Deutschland„. Damals äußerte er sich deutlich antideutsch und antiimperialistisch wie viele seiner Kollegen in linken Medien. Elsässer aber schrieb ungewohnt deutlich. Gegen Antisemitismus etwa, so Elsässer in einem Text der Zeitschrift „konkret“ von 1995, „helfen keine Aufsätze, nur Baseballschläger.“
Ab Mitte der 2000er Jahre rückte Elsässer politisch immer weiter nach rechts. Von einer linken, pazifistischen, antiamerikanischen und antikapitalistischen Position verlor er sich nach und nach in Verschwörungstheorien, einer islamophoben Haltung vertrat Querfront-Ansätze zwischen der Linken und der „demokratischen Rechten“. Sein Werdegang wird häufig mit dem von Horst Mahler verglichen, der vom Anwalt der linksextremen Roten Armee Fraktion zum Holocaust-Leugner und Rechtsextremen wurde.
Ab 2010 leitete Elsässer das „Compact“-Magazin als Chefredakteur. Sein Ziel war es, eine Brücke zwischen der Rechten und Linken zu schlagen und Debatten zwischen beiden Lagern zu ermöglichen. Dabei zog er vor allem Leser aus dem neurechten und national-völkischen Lager an. Ab 2014 verbreitete Elsässer auch antisemitische Narrative wie das der „Finanzoligarchie“ an der „die Herren Rockefeller, Rothschild, Soros, Chodorkowski“, beteiligt seien.
Rund um das Magazin baute Elsässer ein großes Angebot auf, um weitere Einnahmen zu generieren und die Reichweite zu steigern: einen Onlineshop, einen Youtube-Kanal, die Produktionsfirma „Conspect Film“, für die seine Frau wochentags eine Sendung moderiert, die einen Gegenpunkt zu den „Mainstream-Nachrichten“ darstellen sollte.
Die antiamerikanische und antiimperialistische Linie des Blattes verlor sich ab 2015 zunehmend in rassistischen und verschwörungstheoretischen Ansätzen. Elsässer sah das Magazin als alternatives, „oppositionelles“ Medium. 2018 erklärte er: „Aufgabe der oppositionellen Medien ist es, zum Sturz des Regimes beizutragen.“
Welche Gründe sprechen für ein Verbot von „Compact“?
Über mehrere Jahre näherte Elsässer „Compact“ der AfD und anderen rechten Gruppierungen wie Pegida oder der Querdenken-Bewegung an. Das Blatt wurde zum wohl wichtigsten Sprachrohr der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum. Elsässer agierte dabei als wichtiger Knotenpunkt der Szene, während das „Compact“-Magazin eine Öffentlichkeit für rechtsextremes Gedankengut und antidemokratische Positionen herstellte.
Das Bundesinnenministerium argumentiert bei dem Verbot mit eben jenen Inhalten: „In ihren reichweitenstarken Publikationen und Produkten verbreitet die „Compact-Magazin GmbH“ antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte. Sie agitiert gegen ein pluralistisches Gesellschaftssystem, das die Menschenwürde des Einzelnen achtet […].“
Es sei zu befürchten, dass „Rezipienten der Medienprodukte durch die Publikationen, die auch offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“, so das Ministerium weiter.
Welche Kritik gibt es an dem Verbot?
Nachdem öffentlich wurde, dass das Bundesinnenministerium „Compact“ und die dazugehörige Firma „Conspect Film“ verboten hat, regte sich auch Kritik – zumindest an der Begründung des Verbots. So schrieb beispielsweise der Medienjournalist Stefan Niggemeier auf X von einem „Störgefühl“ bezogen auf das Verbot. Einige andere äußerten ähnliche Bedenken. Nicht unbedingt bezogen auf der Verbot an sich, sondern daran, dass es einen Präzedenzfall schaffe und damit die Pressefreiheit in Deutschland in Frage stellen könnte.
Genau diesen Punkt kritisiert auch stern-Autor Martin Debes in seinem Meinungsartikel über das Verbot.
Im Falle von „Compact“ sind die Beweise, die eine antidemokratische oder menschenfeindliche Position darstellen, verhältnismäßig offensichtlich. Trotzdem äußerten einige Nutzer in sozialen Netzwerken die Sorge, dass das Verbot des Innenministeriums zu einer Willkür führen könnte, regierungskritische Medien zu zensieren.
Quellen:Der Spiegel, Der SpiegelHuffington Post (archive.org), Mitteilung Bundesinnenministerium, Verfassungsschutz Brandenburg