Turbulente Nacht in Süd- und Mitteldeutschland: Wegen Starkregen, Hagel und Gewittern müssen Polizei und Feuerwehr hunderte Male ausrücken. Dramatisch ist die Lage auch in der Slowakei.

Unwetter haben in der Nacht von Freitag auf Samstag im Süden Deutschlands für Chaos gesorgt. Wegen starker Regenfälle und Sturmböen mussten die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei im Süden Bayerns zu zahlreichen Einsätzen ausrücken. Verletzt wurde niemand. Bis 22.00 Uhr seien in der Integrierten Leitstelle Oberland rund 120 Einsätze aufgrund des Unwetters koordiniert worden, davon 30 allein im Landkreis Bad-Tölz-Wolfratshausen, sagte ein Sprecher. 

Die Einsätze verliefen laut Feuerwehr und Polizei glimpflich. Auf der Autobahn 95 bei Garmisch-Partenkirchen habe Aquaplaning zu einem Unfall geführt. Am Ickinger Berg im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen rutschte den Angaben nach ein Stück Erdreich ab und blockierte zwischenzeitlich eine Straße. In Icking selbst wurde die Ortsmitte nach Angaben eines dpa-Fotografen überflutet, feststeckende Autos wurden von der Feuerwehr aus dem Wasser gezogen.PAID Warum mehr Gewitter 12.44

Die Unwetterfront sei zwischen 20.30 Uhr und 21.30 über den Süden Bayerns gezogen. Das Gewitter habe recht schnell nachgelassen, hieß es am Abend von der Integrierten Leitstelle Oberland. Der Deutsche Wetterdienst hatte vor Unwettern mit Starkregen und Sturmböen in der Region gewarnt.

Konzerte in München und Regensburg abgesagt

Wie ein Polizeisprecher in Kempten sagte, waren die Straßen teilweise weiß vor Hagelkörnern. Zwischen 18 Uhr und Mitternacht am Freitag seien der Polizei etwa 320 unwetterbedingte Einsätze gemeldet worden, hieß es weiter. Der Schwerpunkt lag demnach in den Bereichen Ost- und Oberallgäu sowie dem Westen des Landkreises Lindau. Die Nachfolgeeinsätze wie das Abpumpen der Keller zogen sich noch bis in die Nacht hinein.

Am Freitagabend habe es bis Mitternacht zudem im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd etwa 230 Einsatzlagen aufgrund des Unwetters gegeben, sagte ein Sprecher in Rosenheim. Schwerere Einsätze waren demnach aber nicht dabei. Auch hier habe es hauptsächlich vollgelaufene Keller und Bäume gegeben, die auf Straßen und teilweise auch auf Gleise gefallen seien. Verletzte wurde keine gemeldet.

Die Feuerwehr ist nach einem Gewitter im bayerischen Wolfratshausen im Einsatz
© Alexander Wolf

Wegen des drohenden Unwetters wurde das Open-Air-Event „Klassik am Odeonsplatz“ in München vorzeitig abgebrochen. Tausende Zuschauer mussten in der Münchner Innenstadt früher als geplant ihre Plätze räumen. Nach Angaben einer Sprecherin hatte das Event in seiner 23-jährigen Geschichte erst einmal wegen schlechten Wetters komplett abgesagt werden müssen. Auch die Premiere der Regensburger Schlossfestspiele fiel ins Wasser. Kurz vor Aufführungsbeginn mussten die Zuschauer den Veranstaltungsort im Nieselregen verlassen.

Mutmaßlicher Tornado fegt durchs Münsterland

Auch weiter nördlich im Münsterland mussten Einsatzkräfte ausrücken. Starke Sturmböen haben in Telgte östlich von Münster in einem Gewerbegebiet starke Schäden angerichtet. Nach Angaben der Stadt sind Bäume umgestürzt und die Bundesstraße 51 musste gesperrt werden. Die Bevölkerung wurde über die sozialen Medien gewarnt, zu Hause zu bleiben. Die Feuerwehr sei im Großeinsatz, teilte das Ordnungsamt der Stadt mit. An Gebäuden seien massive Schäden entstanden, eine Photovoltaikanlage sei von einem Dach gefegt worden. Die Feuerwehr hat Unterstützung durch Kräfte aus dem Kreis Warendorf und des Technischen Hilfswerks angefordert.Kartenstück Wetter Freitag 8:59

Medien berichteten, dass es möglicherweise einen Tornado gegeben habe. Der WDR zitierte den Geschäftsführer einer Container-Firma. „Meine Mitarbeiter haben mich kurz vor vier angerufen und gesagt, dass hier ein Tornado durchgezogen sei.“ Die Wetterseite Tornadoliste.de stufte den Sturm bereits als Tornado ein. Es seien Schäden in und um Telgte im Kreis Warendorf entstanden, hieß es.

Konzert in Slowakei wegen Gewitter unterbrochen

Bei einem beliebten Musikfestival auf dem Flugplatz im slowakischen Trencin herrschte eine ausgelassene Atmosphäre – bis ein Gewitter aufzog. Das Unwetter verwüstete das Gelände des Open-Air-Festivals. Der Rettungsdienst brachte zehn Menschen in umliegende Krankenhäuser, wie die Leitstelle am Abend mitteilte. Sie hätten unter anderem leichte Verletzungen am Kopf und den oberen Gliedmaßen erlitten. 

Nach Angaben der Agentur TASR stürzte bei dem Gewitter mit starken Windböen ein großes Zelt ein, mehrere kleinere wurden umgeweht oder beschädigt. Das Programm wurde unterbrochen. Zeitweise musste auf dem Gelände der Strom abgeschaltet werden. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste waren im Großeinsatz.

Das Festival „Pohoda“ (Gemütlichkeit oder Behaglichkeit) fand auf dem Flughafengelände von Trencin statt. Auch Familien mit Kindern waren dabei. In einer Sporthalle wurde ein Evakuierungszentrum für die Festivalbesucher eingerichtet. Ob das Festival am Samstag fortgesetzt werden kann, war noch offen.

Erst am Donnerstag waren in der Slowakei zwei Menschen bei einer Schlammlawine in einem Gebirgstal ums Leben gekommen. Auch im Nachbarland Tschechien sorgten Gewitter mit Starkregen für Probleme. Umgestürzte Bäume brachten am Freitag den Bahnverkehr an zahlreichen Stellen zum Erliegen. 

In Krahulci bei Telc in Südböhmen brach der Deich eines Fischteichs, Keller wurden überflutet. Bei Brünn (Brno) stürzte ein Motorradfahrer über einen Baum auf der Fahrbahn. Auf einem Campingplatz in Südmähren wurde ein Mann verletzt, als ein Baum auf zwei Autos und ein Zelt fiel.