Viele, auch unser Kolumnist, haben die Sylt-Nazis kritisiert und verspottet. Welche Worte aber finden wir für die Mörder von Bad Oeynhausen und Mannheim?
Man möchte eigentlich nur noch schreien. Genauer gesagt: Man sollte nur noch schreien. Die Nachrichtenlage, so scheint es, erfordert von der öffentlichen Person, dass man brüllt, sich erregt, in Großbuchstaben kommuniziert. Wenn schon nicht andauernd, dann aber wenigstens über die richtigen Dinge. Zuletzt beobachtet nach der schrecklichen und tödlichen Attacke auf einen 20-Jährigen namens Philippos, mutmaßlich begangen durch einen 18-jährigen Syrer. Schnell waren sie da, die Rufe, ja, Vorwürfe: „JA, UND DA SAGST DU NIX!“, „BEI SYLT GANZ LAUT UND HIER …?!“
So lautete die Unterstellung, der totgeprügelte Jugendliche in oder der erstochene Polizist Rouven Laur in Mannheim emotionalisierten mich weniger als ein paar Deppen, die auf Sylt Nazipopliedchen trällern. Das ist lächerlich, falsch und unverschämt. Gleichwohl muss ich mir die Frage stellen, wie ich (als Vertreter der Medien) mit solchen Anwürfen umgehe. Warum hat ein nicht unwesentlicher Teil der Öffentlichkeit den Eindruck, dass eine Unwucht besteht, wenn es darum geht, gesellschaftliche Probleme zu beschreiben?